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Dialog mit dem Drachen

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Kultur : Kneten verboten!

Heute der Koch. Jörn Kabisch beantwortet alle Fragen rund um den Herd. Heute: Was ist das am häufigsten gesuchte Rezept der Welt?

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Vertrauen wir einfach mal Google. Eine Suchmaschine sollte Aufschluss darüber geben, für welche Speisen und Gerichte sich die Menschheit interessiert – nicht nur im Netz. Ich habe dafür „Recipe“ eingegeben, also den englischen Begriff – das ist im Weltmaßstab repräsentativer. Und was für eine Überraschung. Ich hatte eigentlich angenommen, nur auf eine Unmenge von Kochseiten zu stoßen, nicht aber auf die Anleitung für ein einzelnes Gericht. Doch gleich auf Platz 13 der Ergebnisliste, inmitten von Links zu Rezeptsammlungen, Kochblogs und Wikipedia-Treffern taucht es auf – das Rezept für „No-Knead-Bread“.

Was so viel heißt wie knetfreies Brot. Schon mal davon gehört? Sicher. Es ist ein Klassiker der Küchenblogs und zugleich wahrscheinlich das einfachste Rezept, das man sich denken kann. Mehl, Hefe und Wasser werden schnell zusammengerührt, dann braucht es nur eine weitere entscheidende Zutat – Zeit. Mindestens 18 Stunden sollte der Teig gehen, dann wird er in einen Schmortopf gekippt und so heiß wie es der Haushaltsofen eben kann bei geschlossenem Deckel gebacken.

Ich fand dieses Brotrezept anfangs mehr als unsympathisch. Es ist derart unsinnlich. Das finde ich noch heute. Wenn irgendetwas das Backen interessant macht, dann ist das doch das Kneten, vor allem beim Hefeteig. Da muss man schlagen, werfen, reißen und drehen und darf dabei fühlen, wie die Teigmasse sich auflädt: mit Wärme, mit Elastizität, mit Widerstand. Kraft erzeugt Gegenkraft – dieses dritte Newtonsche Gesetz hat mir der Hefeteig offenbart, da konnte mir der Physiklehrer mit seinem „Quot erat demonstrandum“ gestohlen bleiben.

In Bäckereien, die das Brot noch selbst herstellen, gibt es von Zeit zu Zeit Seelen. Diese Brötchen kaufe ich sofort. Es ist ein Glaubensbekenntnis. Brot hat Seele, und das kommt vom Kneten, hieß mein Dogma bis vor kurzem. Sollte es tatsächlich Brot geben, das fast so einfach herzustellen ist wie ein Becher 3-Minuten-Terrine? Das ist nicht in Ordnung.

Dass Teig schon seit Urzeiten mit Inbrunst behandelt wird, hat nämlich einen handfesten, physikalischen Grund. Das Kneten aktiviert die Kleber-Eiweiße im Mehl, lange Proteinschlangen, die sich um die Wasser- und Stärkemoleküle schlingen und miteinander vernetzen. Der Teig bindet, ohne diesen Effekt würde das Gebäck im Ofen zerlaufen oder später zerbröseln.

Das knetfreie Topfbrot hat mich geläutert. Das Knetgebot gehört trotz tausendjähriger Geschichte wieder aus dem Küchenkatechismus verbannt. Denn was menschliche Hände können, schafft die Hefe allemal. Sogar besser. Während des langen Gehens bindet der Kleber nämlich auch. Und während die Proteine oft reißen, wenn Hände den Teig walken, bleiben sie intakt, wenn die Hefe wirkt, und bilden ein weitmaschiges Netz.

Die Idealmaße des Teiges sind 400–300–0,25, also 400 Gramm Mehl, 300 Milliliter Wasser und ein Viertel Teelöffel Trockenhefe, also eigentlich ein Nichts. Vermengt kommt ein fast schon breiiger Teig heraus und nach 18 Stunden ein so fragiles, schwammiges Gebilde, das man nur mit Vorsicht anfassen, noch zweimal falten und dann behutsam in die Backform geben will. Das Resultat: ein herrlich lockeres Brot, große Blasen und eine rustikale Kruste. Dafür ist die starke Feuchtigkeit im Teig verantwortlich.

Die eigentliche Herausforderung ist nur: Lassen Sie die ­Hände möglichst vom Teig. Sie sollten ihn nicht mal streicheln. Ich habe diese Regel anfangs ­natürlich öfter missachtet, mit miserablen Folgen. Ehrlich: trotz aller Einsicht: Für mich bleibt dieses Brot zu backen einfach eine Qual.

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