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Kultur : Wasserwerfer und Eiswagen

Beim „Tempelhof Squat“ versuchten Aktivisten und Autonome die Besetzung des stillgelegten Berliner Flughafens. Die Polizei ging hart vor, der Durchbruch gelang nicht

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In der Abendsonne ziehen Hunderte den Berliner Columbiadamm entlang. An der Nordseite des Flughafengeländes suchen sie nach Sicherheitslücken im Zaun, der mit Stacheldraht versehen wurde und alle paar Meter auf der Innenseite von Polizisten und Sicherheitsleuten bewacht wird. Einer der Demonstranten faucht wie eine Katze herüber, der Wachhund reißt sich von der Leine und bellt zurück. Ein anderer rezitiert mit dem Bier in der Hand etwas über Bürgerrechte – während sein Gegenüber, ein Schnauzbartträger mit Schäferhund, mit dem Paragrafen zum Thema Eigentumsrecht kontert. Dann machen sich drei, schnell sind es fünf oder sechs, am Zaun zu schaffen. Mit bloßen Händen ziehen sie an den Maschen und sehen nicht, wie von links bereits drei Polizisten Anlauf nehmen. Als die Gruppe zur Straße flüchten will, rennt ein Polizist den Ersten wie beim Football um. Gerangel, Handschellen. Ein Mädchen aus der Gruppe schreit hysterisch: „Du hast ihm ins Gesicht geschlagen!“ Die Polizisten ziehen ihren Kreis um die kleine Gruppe, doch ein viel größerer Kreis von Demonstranten bildet sich nun um sie selbst. „Schämt euch, schämt euch!“, rufen sie lautstark und nun steht die Angst auch im Gesicht der Beamten. Die Frau kreischt weiter und wird zurück gestoßen, als sie versucht, zu ihrem Freund durchzukommen. Von der Bushaltestelle ruft ein Mann zynisch: „Schießt doch!“ Die Jungs daneben lachen.


An der Spitze kommt es gegen 17.30 Uhr zu Auseinandersetzungen und für einen Moment entsteht Panik, weil einige die Flucht ergreifen und die Menge rudelartig Gleiches tut. Bald darauf fahren zwei Wasserwerfer und ein Räumwagen vor und fast reflexhaft nehmen diejenigen, die doch eigentlich den Flughafen erobern wollen, Platz zur Sitzblockade. Der Schwarze Block formiert sich, doch für den Moment finden sie keine konzentrierte Organisation. Als sich die Aufregung wieder legt, geht ein fiepsiges Hupen durch die Luft. Ein Eiswagen fährt in die Szenerie und öffnet kaum 100 Meter vom Wasserwerfer entfernt seine Läden. Und so erinnert doch vieles an den G 8-Gipfel von Heiligendamm vor zwei Jahren: die Protagonisten, der Zaun als Grenze zwischen Haben und Wollen, Protest als Pop verschleiert und der Kampf um ein Territorium.


Von den Parteien fühlen sich die Organisatoren allesamt im Stich gelassen, wie in der verteilten Broschüre mit dem Titel Wir bleiben alle zu lesen ist. Die Jungsozialisten haben vorab ihre Teilnahme an der Besetzung angekündigt, was SPD-Landeschef Michael Müller allerdings ein „gefährliches Spiel“ nannte – die Grenze „zwischen legitimen Aktionen und nicht hinnehmbaren Gewalttaten“ sei schmal. „Ausschließlich mit legalen Mitteln“ wollte auch die Linke dabei sein, wie Landeschef Klaus Lederer erklärte. Bleibt die Frage, warum die regierenden Parteien Berlins politisch bislang nicht auf die Öffnung des Flughafens drängen. Derweil sollte die Besetzuung Tempelhofs das Finale der so genannten linken Action Weeks werden, in denen wieder vermehrt Autos brannten. Vielleicht hat die Polizei deshalb so hart durchgegriffen, weil sie sich nicht dem Vorwurf des laschen Vorgehens ausliefern wollte.

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