Der Klub 27 hat fünf Mitglieder: ➝ Cobain, Kurt, ➝ Jones, Brian, ➝ Joplin, Janis, ➝ Hendrix, Jimi und ➝ Morrison, Jim. Weil es die fünf berühmtesten Musiker sind, die mit 27 gestorben sind. Ein anderer zählt noch ➝ Johnson, Robert, dazu, weil er ein Pionier war. Dritte aber erweitern das Feld (für die ➝ Statistik). Etwa um Alexandra, bürgerlich: Doris Nefedov, geborene Treitz. Die Schlagersängerin, in ihrer Zeit eine ziemliche Nummer, starb 1969 mit 27 bei einem Autounfall. Und wie es sich für einen Klub-27-Tod geziemt, gibt es auch eine Verschwörungstheorie. Ihr Freund sei beim Geheimdienst gewesen, sie habe sich trennen und er nicht auffli
Kultur : Klub 27
This is the end: Jim Morrison begründete mit seinem Tod vor 40 Jahren den "Klub 27", weil er im Alter von 27 Jahren starb, genau so wie einige andere Musiker
Von
Redaktion
eit eine ziemliche Nummer, starb 1969 mit 27 bei einem Autounfall. Und wie es sich für einen Klub-27-Tod geziemt, gibt es auch eine Verschwörungstheorie. Ihr Freund sei beim Geheimdienst gewesen, sie habe sich trennen und er nicht auffliegen wollen, also Crash. Jetzt widerlegen Sie das mal! Klaus RaabBuch Wenn einer, der eine Vergangenheit als Rockstar hat, ein Buch schreibt, das sich mit der Thematik des Klub 27 befasst, ist die Neugier automatisch geweckt.Kim Frank, der Ende der 1990er Jahre im zarten Alter von 16 als Sänger der Band Echt seinen Durchbruch feierte, hat genau so einen Roman geschrieben. Er behandelt die Geschichte eines schüchternen, hypochondrischen Teenagers, der über Nacht als Musiker berühmt wird und in der festen Überzeugung lebt, mit 27 sterben zu müssen. Leider werden Zutaten wie Vaterlosigkeit, die Plattensammlung des an Aids verstorbenen schwulen Onkels sowie drastische Schilderungen von Sex und Gewalt gleich oben aus der Klischee-Kiste gegriffen, und auch die gewollt flapsige Sprache des Erstlingswerks verleiht ihm eher eine schnöde Belanglosigkeit. Der Autor, so viel noch dazu, ist mittlerweile übrigens 29. Das ist die gute Nachricht. Sophia Hoffmann27, Kim Frank, Rowohlt 2011, 253 S., 12,99 €Cobain, Kurt Es gibt Ereignisse, bei denen man noch genau weiß, wo man war, als man von ihnen erfuhr. Die Öffnung der Mauer, das Finale der Fußball-WM 1990, 9/11. Oder eben der Tod Kurt Cobains.8. April 1994, Kulturladen Konstanz. Die Nachricht verbreitete sich in Windeseile in dem schrammeligen Club: Selbstmord, schon vor drei Tagen, Schuss in den Kopf, mit einer Schrotflinte. Der DJ legte später „Smells Like Teen Spirit“ auf, alle stürzten auf die Tanzfläche und schüttelten sich zum größten Hit von Nirvana. Der war da schon längst so ausgewrungen wie sein Sänger. Cobain, der Held der Generation X und des Grunge, war in der letzten Phase seines Lebens ein Heroingespenst. Er hing mit Courtney Love an der Nadel und schleppte sich von einem Entzug zum nächsten. Schon als Kind, heißt es, wurde er mit Ritalin runtergefahren.1987 gründete er zusammen mit Kris Novoselić in Seattle die Band Nirvana. Das Album Nevermind, das 1991 erschien und sich bis heute über 20 Millionen mal verkauft hat, war eine Explosion. Es blies den eitlen Föhnwellen-Rock jener Zeit um und erschütterte den saturierten Blick auf die Welt. Die Platte war wie Cobains Tod. Die letzte Zeile seines Abschiedsbriefs kannte man an dem Abend in Konstanz noch nicht: „It’s better to burn out than to fade away.“ Mark StöhrEdward, James Richey Manchmal wünsche er sich, sagte vor zwei Jahren Nicky Wire, Bassist der Band The Manic Street Preachers, dass Richey James Edwards irgendwo mit langem Bart an einer Schreibmaschine sitze und schreibe. Doch das ist recht unwahrscheinlich. 1995 verschwand der Gitarrist und Texter der walisischen Band, 27-jährig. Sein Wagen wurde an der Severn-Brücke gefunden, die England und Wales verbindet und oft von Selbstmördern genutzt wird. Edwards war eine Ian-Curtis-Figur, manisch, neurotisch, selbstzerstörerisch. Als er gefragt wurde, wie ernst es seiner Band sei, ritzte er sich „4 Real“ in den Arm. Doch der Erfolg der Manic Street Preachers kam erst nach Edwards’ Verschwinden. Noch heute überweisen die Bandmitglieder 25 Prozent der Tantiemen auf sein Konto. MSGeschichteWarum stirbt man als Musiker mit 27? Eine Erklärung: wegen zu viel Alkohol und Drogen. Bei ➝ Jones Brian, ➝ Joplin, Janis, ➝ Hendrix, Jimi und ➝ Morrison, Jim, den „Urmitgliedern“ des Klub 27, war das der Fall. Auch in der Leiche von ➝ Cobain, Kurt wurden Unmengen von Heroin gefunden. Aber das ist nur eine Erklärung, und vielleicht braucht man auch gar keine. Die Rede von einem Klub jedenfalls kam erst mit dem Selbstmord von Cobain 1994 auf, später wurde ➝ Johnson, Robert zum Quasi-Gründer ernannt. Was die statistische Wahrscheinlichkeit betrifft, mit 27 zu sterben, siehe ➝ Statistik. Hier sei noch erwähnt, dass die Erfindung des Klub 27 der Merchandisingindustrie nicht geschadet hat. MSHendrix, Jimi Excuse me, while I kiss the sky war wohl seine berühmteste Song-Zeile. Und tatsächlich musste man Jimi Hendrix ziemlich oft entschuldigen, weil er gerade den Himmel küsste, oder weniger metaphorisch: weil er bis zum Anschlag mit Drogen voll gepumpt war. Folgerichtig starb Hendrix am 18. September 1970 den klassischen Rock-Star-Tod. Unter dem Einfluss von Rauschmitteln erstickte er an Erbrochenem. Die Verschwörungstheorie? Ein Roadie beschuldigte seinen Manager des Mordes, weil dieser die Lebensversicherung habe kassieren wollen.Mit Hendrix lässt sich aber auch belegen, dass es etwas mehr braucht als einen frühen Tod, um dem Klub 27 beizutreten. Seine musikalische Leistung ist unumstritten, mit Endlos-Improvisationen und gezielten Rückkopplungen revolutionierte er das Gitarrenspiel. Und niemand hat je wieder das Pathos der amerikanischen Hymne so grausam-schön zerlegt wie Hendrix mit seiner Version des Star-Spangled Banner. Jan PfaffJones, Brian Er war ein überdurchschnittlich begabter Musiker, der 1962 mit Keith Richards und Mick Jagger die Rolling Stones gründete. Lange galt er als musikalischer Leader der Band, mit seinen Fähigkeiten – er spielte Gitarre, Flöte, Sitar, Hackbrett, Akkordeon, Posaune, Piano etc. – prägte er den Anfangsstil der Band. Als ihn das Model Anita Pallenberg zugunsten von Keith Richards verließ, befand er sich bereits in einem Teufelskreis aus Alkohol-, Drogen- und Medikamentensucht. Wenige Wochen nach seinem Rausschmiss bei den Stones im Juni 1968 fand man ihn tot im Pool. Es gab Verschwörungstheorien, Mordverdacht, doch wie Keith Richards bemerkte: „So richtig überrascht war niemand. Jeder kennt doch Leute, bei denen man das Gefühl hat, sie werden keine 70.“ SHJoplin, Janis Als jemand die Frau aus der texanischen Provinz fragte, woher sie diese kraftvolle Stimme habe, antwortete sie: „Ich mache einfach meinen Mund auf!“ Janis Joplin sprach offen über ihre Sexualität und sang den Blues, als sich die schwarze Bürgerrechtsbewegung in den USA auf dem Höhepunkt befand. In wenigen Jahren schaffte sie es aus siffigen Studentenkneipen in die Billboard-Charts. Doch das freche Hippie-Mädchen kam mit dem plötzlichen Erfolg schwer klar. Sie fühlte sich hässlich, litt unter unglücklichen Liebschaften, unter der Trennung von ihrer ursprünglichen Band und negativer Presse. Man sah sie häufiger mit einer Flasche Whiskey in der Hand, doch um ihre Depressionen zu betäuben, reichte das bald nicht mehr.Am 4. Oktober 1970 fand man sie mit 27 tot im Hotelzimmer, gestorben an einer Überdosis Heroin. Sie war der erste weibliche Superstar des Rock’n’Roll. SHJohnson, RobertDer 1911 geborene Singer-Songwriter gilt als König des Delta-Blues. Sein früher Tod, 1938, geht auf eine frühere Syphiliserkrankung zurück. Die Legende will, dass er seine Seele dem Teufel verkauft habe, um im Gegenzug Gitarrenvirtuose zu werden. Im Cross Road Blues besingt er den satanischen Pakt. Der okkulte Ruch mag der Grund sein, warum er vielen als Gründer des Klubs 27 gilt. Doch über die Bluesszene hinaus war Johnson lange unbekannt. Sein Werk wurde erst ab den 60ern entdeckt, als Musiker wie ➝ Hendrix, Jimi seine Songs adaptierten. Tobias PrüwerMcKernan, RonRon „Pigpen“ McKernan (1945–1973) war als Mitgründer der Band Grateful Dead, durch seine Drogenerfahrungen und den Tod aufgrund von Alkoholmissbrauch geradezu prädestiniert für den Klub 27. Auch der High-School-Rauswurf empfahl ihn für den Klubausweis. Zudem war er eine Zeitlang mit ➝ Joplin, Janis liiert, und sie blieben lebenslang Freunde. Bei den Grateful Dead sang er, spielte Hammondorgel und Mundharmonika.Der Bandname geht übrigens auf die mystische Figur des dankbaren Toten zurück. Wenn man dessen Grab pflege, heißt es, sei einem die Seele des Verstorbenen auf ewig gütig gestimmt. Schaut man auf die Ehrbezeugungen, die alle im Klub der 27 bis heute erfahren, liegt der Gedanke nicht fern, dass sich Ron McKernan, ➝ Cobain, Kurt Co. im Jenseits längst zur Grateful-Dead-Revival-Band zusammengeschlossen haben. TPMorrison, JimEr war ein Rock’n’Roller im erweiterten Wortsinn: nicht nur Musiker, sondern Beherrscher aller Kulturtechniken, die dazu gehören. Drogen, Sex, und dass er Fernsehpromoauftritte nutzte, um all die Worte zu sagen, die man bei Fernsehauftritten in den USA bis heute nicht sagt, spricht auch nicht gegen ihn.Jim Morrison starb vor 40 Jahren am 3. Juli 1971 in einer Badewanne in Frankreich. Und wenn heute auch kein Mensch ernsthaft das Orgelgeschwurbel seiner Band vermissen kann, das für The Doors fast so charakteristisch ist wie Morrisons Stimme und seine entrückten poetischen Texte – ihn selbst nicht als wirklich große Nummer anzuerkennen, wäre Blödsinn. Orgel hin oder her: The Doors waren eine vierköpfige Ein-Mann-Band.Was, wenn er noch lebte? Dann wäre er 67, und vielleicht gäbe er als gealterter Megastar überteuerte Konzerte mit den alten Hits und Lesungen aus seinen Memoiren (vgl. Rolling Stones ➝ Jones, Brian). Seine Fans, die sich keine Tour entgehen ließen, würden sagen, dass er die ewige Jugend feiere. Doch er würde natürlich das Gegenteil zelebrieren – das Gestern, die Arriviertheit. Variante zwei wäre die bessere: Morrison würde als Selbstversorger einen Bauernhof bewirtschaften und nie mit Journalisten sprechen. Er würde sich hin und wieder in seinem Blog auskotzen oder seine Liebe erklären. Und er würde nie, nie, nie Break on through singen. Die Frage ist: Wäre Variante zwei wahrscheinlich? raaStatistik Es ist nicht bekannt, dass mehr Menschen mit 27 sterben als mit 24 oder 30. Es ist nicht einmal erwiesen, dass Musiker besonders häufig mit 27 sterben. Es gibt auch eine Häufung von Musikertoden mit 26, 33 und ➝ Zweiundvierzig. Allerdings kann man nur vom Klub 27 behaupten, dass die fünf Hauptmitglieder samt und sonders prägende Figuren des Pop und Rock sind. Eines immerhin ist statistisch klar: Fünf gleichaltrig gestorbene Weltberühmtheiten sind besonders gut für die Legendenbildung. raaZweiundvierzigSie werden sagen, das sei zynisch, aber man kann davon ausgehen, dass der „Mensch“ sowieso nicht im Mittelpunkt der Bemühungen von so etwas wie Popkultur steht. Da geht es nicht um Jim Morrison als Jim Morrison und ob der den Klodeckel nach dem Pinkeln wieder runtergeklappt hat oder nicht, sondern um Jim Morrison als Bild, in dem man sich sein eigenes Leben ausmalen kann. Der frühe Tod hat für das Bild durchaus Vorteile, es sieht dann einfach besser aus, als ➝ Morrison, Jim heute je aussehen könnte. Insofern muss man das häufig gedankenlos dahingeäußerte Motto „Live fast, die young“ als Handlungsanweisung zur Nachruhmbefeuerung verstehen. Die Altersgrenze 27 wäre dann die rote Ampel, die man nicht überfahren darf.Nun kann es Gründe geben, es dennoch zu tun (noch nicht genug Ruhm angesammelt; einen Partner, dem nicht runtergeklappte Klodeckel egal sind). Wie auch immer, es passiert den Größten. Greta Garbo hatte eine „menschliche“ Lösung des Problems gefunden und sich mit 37 aus der Öffentlichkeit verabschiedet, um in aller Ruhe 84 zu werden. Hätte Elvis Presley darauf Lust gehabt? Wohl kaum, weshalb er dann mit 42 Jahren gestorben ist. Und weil er Elvis war, also der King, und 42 bekanntlich die Antwort auf alle Fragen (vgl. Per Anhalter durch die Galaxis) ist, markiert 42 heute die letzte Ausfahrt für einen Popstar-adäquaten Abgang. Wer da nicht rauskommt, muss sich mit Rentenbescheiden und Botox auseinandersetzen. Matthias Dell