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Politik : Der Lightantrag auf dem #bpt112 der Piraten.

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In Offenbach, der alten Lederstadt Deutschlands müssen dieses Wochenende auf dem Bundesparteitag der Piraten viele Delegierte ein dickes Fell haben. Schließlich geht es um nicht mehr und nicht weniger als die Zukunft der Politik-Newcomer 2011. Mehr als 36.000 Anträge wurden gestellt. Im Schnitt hatte man etwa 3,5 Sekunden pro Antrag. Für viele der Computer-Nerds, war das ständige heben des Armes bei den Abstimmungen zu den vielen unheimlich wichtigen Anträgen eine hohe körperliche Belastung. Einige von ihnen machten schlapp und wurden in Lastkränen (zum Glück ausgelegt für Menschen über 200 Kilo) in Kliniken gefahren. Ein Sprecher der Freiwilligen Feuerwehr Offenbach-Keltershausen "Wir hatten aufgrund von Vorwarnungen über extreme Nerd-Adipositas extra Schwertransporter angefordert."

So verpassten die wahren Schwergewichte der Politik die Aussprachen über sehr sinnvolle Anträge wie: "Umbenennung der Bundesrepublik Deutschland in Nerdkorea", "Einführung des Fachs "Rauschkunden generieren" für Dealer auf Pausenhöfen" oder "Transparente Oberteile für die paar Frauen auf Parteitagen." Darüber hinaus konnten sie leider auch nicht der angeregten Diskussion beiwohnen über "Steve Jobs Denkmal vor dem Apple Store im Reichstag", "Verpflichtung zum Gebrauch von Deo bei Männern" (kam von den paar Frauen-Piraten) sowie "Das Model und der Freak - Pro7 soll neue Folgen drehen, damit die Piraten keine Beauty-Freezone bleiben."

Es ging also um wirklich wichtige Dinge. Im Mittelpunkt von allem stand aber der Lightantrag des Bundesvorstands, um den Parteivorsitzenden und künftigen Vize-Vizekanzler Sebastian Nerz: "Einführung einer zuckerfreien Variante von Club Mate - Club Mate Light." Das Nationalgetränk der Nerds erfreute sich im Liquidfeedback Forum der Partei großer Beliebtheit. Von "erinnert mich farblich an meinen Eigenurin" bis "trinke es nur um dazu zugehören" reichten die begeisterten Einträge. In einer flammenden Rede an die anwesenden Deligierten sagte unter anderem Gerwald C. Brunner: "Club Mate hat uns erst zu dem gemacht, was wir sind: Eine wache Partei, mit scharfem Verstand und Hang zur hemmungslosen öffentlichen Selbstzerfleischung auf Twitter. Überhaupt: Was ist da fürn geiles Zeuch drin *rauschkundezwinker*?" Unter seinem Palituch brodelte es, der Judenstern um seinem Hals tanzte wild Sirtaki auf seiner Brust. Sebastian Nerz blieb gewohnt kontrolliert sachlich. "Club Mate ist auch nur ein Getränk," stellte er in seiner typischen Weise nüchtern fest. Wahrscheinlich würde er auch genauso lakonisch feststellen: "Neben mir ist eine Atombombe explodiert", wenn neben ihm eine Atombombe explodiert. Nach dieser knallharten Aussprache wurde mit 2:0,5 Stimmen (Nerz gilt als halbe Portion) von den noch anwesenden Piraten der Lightantrag abgewiesen. Die BILD schrieb am nächsten Tag: Ostzonenclubmate macht Krebs.

Die Bundesgeschäftsführerin der Piraten Marina Weisband (bekam übrigens die meisten Anträge) meinte, mitten in der lebhaften Debatte, man wolle auch Stimmen einer ähnlich innovativen Gruppierung auf dem #bpt11 hören. Darum enterte ein Gastredner von der Rentner-Partei (übrigens nicht die FDP) das Podium und hatte einige gute Ratschläge für die jungen Piraten. Es war - für viele vollkommend überraschend - Jörg Tauss, der mit seiner Anwesenheit den Altersdurchschnitt der Delegierten locker verdoppelte. Ein Raunen ging durch die Reihen. Hinten wurden die jüngsten Parteimitglieder aus dem Saal gebracht.

Tauss: "Wir haben dieses Land nicht aufgebaut, damit ihr es downloaden könnt. Wahre Netzpolitik ist Einkaufsnetzpolitik, nur wenn die Renten steigen, können wir, die Lochkarten-Generation, noch im LIDL Online-Shop einkaufen. Ein Zeichen sagt mehr aus als 140 Zeichen." Und dann an Christopher Lauer - dem Intimfeind von Tauss und Shootingstar unter Piraten - gerichtet: "So lange du die Füße unter meinen Tisch stellst, wird gegessen, was auf den Tisch kommt." So einen Prä-Internetzeitalter-Spruch hatte man lange nicht mehr gehört. Christopher Lauer war es auch, der danach spontan den Antrag stellte: "Einreichung des Wortes Netzpolitik als Unwort des Jahres."

Überhaupt Wortbeiträge. Viele führende Piraten machten sich tiefgreifende Gedanken zu ihren Reden: Passt die Krawatte zum Anzug? Ist mein Augenaufschlag sexy genug für die Kameras der anwesenden Medien? Habe ich meiner Mama Bescheid gegeben meine auf Phoenix übertragene Rede per Video 2000 mitzuschneiden? Alle diese Fragen hatte Andreas Baum - Fraktionsvorsitzender der Berliner Piraten - beantwortet, als er zu seiner Grundsatzrede ansetzen wollte: Vorratsdatenspeicherung, Bundestrojaner, Eurokrise, Tetris als Schulfach - die ganz großen Themen. All das wollte er in seine "I have stream" Rede packen:

"Liebe (drei anwesende) PiratInnnen und Piraten..."

"Danke, deine Redezeit ist abgelaufen." Schallt es hinten vom Bundesvorstand nach vorne. Das Mikro wird abgeschaltet und Baum verlässt die Bühne. Es geht eben Schlag auf Schlag bei den Piraten. Das haben sie ihren W-LAN in Berlin und anderswo versprochen. Fröhliche Weihnachten!

Fortsetzung folgt morgen auf der Weihnachtsfeier! Mit @tauss als Weihnachtsmann!

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.