Mag ja sein, dass es sie gibt, die armen Reichen, denen all ihr Geld kein Glück erkauft. Vielleicht, ja wahrscheinlich, hat Alfried Krupp, der letzte aus der Familiendynastie, der den gleichnamigen Konzern nicht nur lenkte, sondern auch besaß, zu ihnen gehört. Aber ist es wirklich das, was am Thema Krupp in erster Linie interessant ist? Das ZDF meint ja und sendet ab dem 22. März einen Dreiteiler.
Krupp, das war der Konzern, der im Kaiserreich die Sozialdemokratie unnachsichtig bekämpfte und sich an der arbeiterfeindlichen Gesetzgebung direkt beteiligte. Das war der Konzern, der nicht nur an der Aufrüstung Deutschlands verdiente, sondern auch gerne die potentiellen Kriegsgegner belieferte. Der Konzern, der im ersten Weltkrieg die Annexion Belgiens und Lothringens betrieb und im zweiten von der Ausbeutung der Zwangsarbeiter profitierte.
Von all dem aber erfahren wir nur am Rande. Stattdessen wird uns lang und breit die bisweilen kitschig ausgemalte Geschichte des Konfliktes zwischen Mutter Bertha (hart wie Krupp-Stahl) und Sohn Alfried (zwischen Pflicht und Neigung) erzählt. Schon wahr: Gut kommen die Krupps dabei nicht weg. Bertha, die das Prinzip Krupp gefühlskalt und rücksichtslos auch gegenüber dem schließlich kapitulierenden Sohn exekutiert, Gatte Gustav, der nach anfänglichem Zögern sich der guten Geschäfte wegen den Nazis in die Arme wirft und schließlich das Goldene Parteiabzeichen mit Genugtuung trägt. Das wird manch altem Kruppianer – es soll sie noch geben – gegen den Strich gehen.
Und doch wird am bald 150 Jahre gepflegten Mythos Krupp weiterpoliert. So etwa an der Legende von den vorbildlichen Sozialleistungen, derer die Krupp-Arbeiter schon im 19. Jahrhundert teilhaftig geworden sein sollen, die aber kritische Zeitgenossen bereits damals als „Wohlfahrtsparadies“ ironisierten, aus dem man beim geringsten Anlass vertrieben wurde. Oder am Bild vom aufrechten Patriarchen von Bohlen und Halbach, der während des Kapp-Putsches den plündernden Roten mannhaft die Stirn bot.
Was hätte aus diesem Stoff gemacht werden können! Auseinandersetzung mit der Verstrickung der Schwerindustrie in die letzten 100 Jahre deutscher Geschichte. Darstellung der Befreiung der Arbeiterbewegung aus paternalistischer Unmündigkeit. Die Chance wurde – mit zugegeben hohem Aufwand – vertan.
Stattdessen ist alles in allem zu besichtigen: Eine Schmonzette.