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Kultur : Das Leben vor dem Tod

Im Kino wird zwar andauernd gestorben, nur handeln die Filme nie davon. Das ist hier anders: Andreas Dresens berührender, unsentimentaler Film "Halt auf freier Strecke"

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Wer oft ins Kino geht, müsste sich an den Tod gewöhnt haben. Das Sterben ist ein fester Bestandteil von unzähligen Genres, vom Western über den Thriller bis zum Melodram. Kurioserweise sind es die gewaltsamen Tode, die der Zuschauer mit Gelassenheit hinzunehmen gelernt hat.

Wohingegen ein banaler Krankheitstod ihn aus der Bahn werfen kann. Das „ganz banale“, „realistische“ Sterben an einem inoperablen Gehirntumor, wie Andreas Dresen es hier an seinem Frank Lange (Milan Peschel) fast beiläufig darstellt, lässt selbst abgebrühte Geister schlucken. Und weil im Gegensatz zur „Angstlust“ des Thrillers so ein Kloß im Hals nicht als angenehm erlebt wird, gibt es wohl einige, die „so einen“ Film lieber gar nicht sehen wollen. Wogegen es einiges zu sagen gäbe.

Das erste wäre, dass Halt auf freier Strecke sich dadurch auszeichnet, mit seinem traurigen Thema auf unsentimentale Weise umzugehen. Gerührt wird nur, wer sich rühren lässt. Von der Diagnose, die das Ehepaar Frank und Simone (Steffi Kühnert) zu Beginn des Films erhält, über das Fortschreiten der Krankheit mit all ihren Folgen bis zum Tod konzentriert der Film seine Aufmerksamkeit auf die Familie. Es bedarf keiner dramatischen Verstrickungen. Und keiner Ausschmückungen vom Soundtrack, die den Zuschauern dabei helfen würden, das „Richtige“ zu fühlen.

Präzise Darsteller

Als zweites ließe sich das Argument der Ehrlichkeit anführen. Im herkömmlichen Kino dient ein Gehirntumor oft nur als „appetitliches“ Plotverfahren, um eine Figur mit Todesahnung zu umgeben, ohne sie von einer Krankheit entstellt zu zeigen. In Halt auf freier Strecke geht es um die nicht anders als hässlich zu bezeichnenden Seiten einer Krankheit zum Tode: der Sturz in die Pflegebedürftigkeit, der Verfall der Persönlichkeit, auf den der Kranke zu Beginn noch empfindlich und aggressiv reagiert.

Und da ist die Hilflosigkeit der Angehörigen, die das undankbare Geschäft auf sich nehmen, einen Todkranken zu pflegen, der sich innerlich entfernt, der sie anschreit, anspuckt, und sie so manchmal dazu bringt zu wünschen, er wäre schon tot. Bei alledem bleibt der Film diskret, er zeigt, aber er suhlt sich nicht an der Verelendung einer Menschengestalt, die die Kontrolle über die Körperausscheidungen verliert.

Als drittes Argument seien die Schauspieler ins Feld geführt, die mit ihrer nüchternen, präzisen Spielweise faszinieren. Weder Milan Peschel in der Rolle des Sterbenden noch Steffi Kühnert als treusorgende Frau, deren widersprüchliche Gefühle der hingenommenen Pflicht hinterherhinken, machen das Schicksal zum großen Drama. Auch die unverkitschten Kinder und die Eltern, unter denen Otto Mellies als Franks Vater sich ins Gedächtnis einbrennt, bleiben im jeweiligen Rahmen – beherrschte Leute, hilflos und allein darin, einen Sinn in dem, was ihnen passiert, erkennen zu wollen. An wenigen Stellen erlaubt sich Dresen mit kleinen Ausflügen ins Fantastische – Frank sieht seinen Tumor als Talkshowgast im Fernsehen – ein wenig comic relief.

Und so sei als letztes Argument für diesen Film angeführt, dass er jene Art von Genauigkeit bietet, von der man als Zuschauer nur profitieren kann. Es ist, als ob ein lange verschwommenes Bild endlich scharf gestellt wird.

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