2008 wurde der Moderator Johannes B. Kerner von den Medien kritisiert, weil er für den Börsengang von Air Berlin geworben hatte. Er war damals noch bei den Öffentlich-Rechtlichen angestellt, man sah einen Interessenkonflikt. Kerner zeigte sich uneinsichtig. Aber das ist es nicht, was mich in der jungen Geschichte dieser Fluglinie am meisten empört hat. Am meisten empörte mich, dass Air Berlin rund ein Jahr später den Journalistenrabatt von 50 Prozent auf 25 Prozent herunterstufte. Das können die doch nicht machen!
Verdrehte Welt. In diesen Tagen denke ich vermehrt über die Vergünstigungen nach, die ich nutze. Viele sind es nicht. Aber natürlich habe ich die Bahncard zum ermäßigten Journalistentarif bezogen. Und gehe in die Museen mit dem Presseausweis. Ich bin nicht der Einzige, der sich Gedanken über so etwas macht. Martenstein schrieb Entsprechendes in der Zeit, Götz Aly forderte – als Ex-Journalist – im Radio die Abschaffung gleich aller Vergünstigungen.
Ich habe noch keine klare Meinung. Aber unstrittig scheint mir, dass die beiden gut zu spotten und fordern haben – sie zählen zu den Privilegierten. Ich bin wohl irgendwo dazwischen. Vielleicht wäre es sinnvoll, Rabatte nur noch an Journalisten in prekärer Lage ausgeben, denke ich. Es wäre vermutlich auch relativ gefahrenlos. Die Rabatte werden ja gewährt, weil sich die Firmen davon eine positive Berichterstattung erhoffen. Eine eitle Hoffnung. Meistens bleibt eine Berichterstattung überhaupt aus. Oder habe ich bei MyParfume.de etwas verpasst (Rabatte von 100 Prozent, Freunde!)? Auch im Fall von Air Berlin findet man trotz massenhaftem Gebrauch von Journalisten-Rabatten ja nicht auffallend viele positive Meldungen in den Nachrichten. Die Deutsche Bahn steht sogar unter Dauerbeschuss. Journalisten neigen dazu, sich zu überschätzen, im Guten wie im Schlechten. Als ethische Minimalforderung könnte man vielleicht provisorisch formulieren: Je größer der Rabatt, desto kritischer die Berichterstattung. Wobei das auch irgendwie ungerecht wäre.
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