Viele Spekulationen begleiten die Bildung der neuen israelischen Regierung, die alle in eine Frage münden: Wie wird sich die Zusammensetzung des Kabinetts aus vier Rechtsparteien mit teilweise ultranationalistischer Ausrichtung und der Arbeitspartei auf den in einer Sackgasse steckenden israelisch-palästinensischen Verhandlungsproezss auswirken.
Die Orientierungen für eine mögliche Konfliktlösung ergeben sich aus der 2002 beschlossenen Road Map und der Präzisierung von Vorschlägen der Nahostkonferenz von Annapolis in den USA
sowie den saudischen Friedensplan, der 2002 erstmals vorgelegt und 2007 noch einmal präzisiert wurde. Ein Konzept, das im wesentlichen von allen Mitgliedsstaaten der Arabischen Liga
getragen wird.
Sein Lösungsmodell läuft darauf hinaus, das Israel durch die arabischen Staaten in den vor dem Juni-Krieg (Sechs-Tage-Krieg) von 1967 vorhandenen Grenzen anerkannt wird, also auf einem größeren Territorium, als es durch den UN-Teilungsplan für Palästina von 1948 ursprünglich vorgesehen war. Im Gegenzug müsste Israel einen eigenständigen palästinensischen Staat auf dem Gebiet der Westbank und des Gazastreifens zulassen, seine Siedlungen zurückziehen und Jerusalem als Hauptstadt eines solchen Staates zustimmen.
Die amerikanische Nahost-Politik zu Zeiten der Bush-Administration (2001 – 2009) hat sich zwar verbal zu diesen Vorstellungen Saudi-Arabiens bekannt, aber Israel nie gedrängt, darauf wirklich einzugehen. Die Obama-Regierung sucht derzeit nach einem Weg, um sowohl gegenüber Syrien als auch gegenüber Iran nicht die gewohnten konfrontativen Akzente zu setzen. Obamas Neujahrsbotschaft an die Islamische Republik und die Führung in Teheran war ein Dialogangebot, auch wenn dabei klar erkennbar war, dass sich grundsätzlich an den amerikanischen Positionen substanziell nichts geändert
hat. Der Iran wird weiterhin gedrängt, sein Programm zur Urananreicherung und zur zivilen Nutzung der Kernenergie aufzugeben, auch die militärische Option der Amerikaner und vor allem der Israelis besteht nach wie vor.
Entscheidend wird in den nächsten Wochen sein, ob es gelingt, den innerpalästinensischen Konflikt zu überwinden und wieder eine einheitliche Autonomieregierung unter Einschluss der Hamas und Fatah zu bilden. Die bisherigen Versöhnungsgespräche unter Vermittlung Ägyptens haben erste Annäherungen gebracht, so den Verzicht auf gegeneinander gerichtete Medienkampagnen, die Bereitschaft zur Einhaltung getroffener Abkommen und gemeinsame Initiativen zur Befreiung der politischen Gefangenen aus israelischen Gefängnissen. Es soll zudem eine von allen Palästinenser-Gruppierungen getragene Reform der eigenen Sicherheitskräfte und -behörden geben. Ein Vorhaben, das bisher von der Fatah gemieden wurde.
Man sollte zudem nicht übersehen, dass der laufende Siedlungsausbau, wie ihn die neue israelische Regierung plant, die Autorität und Glaubwürdigkeit jener gemässigten Palästinenser unterläuft und dem Vorwurf der Kollaboration aussetzt, die nach wie vor eine Verhandlungslösung für möglich halten. Die expansive Kolonisierung des Westjordanlandes durch Israel und der Aufbau einer Trennmauer, mit der auch eine weitere Segmentierung der Lebensräume der Palästinenser verbunden ist, waren während der Amtszeit des Kabinetts Olmert von einer äußerst destruktiven Wirkung.