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Politik : Was weiß einer, wenn er weiß?

Mit der Einigung zum Gendiagnostikgesetz endet ein jahreslanger Streit über den Umgang mit Gentests. Doch der Schutz vor Diskriminierung geht nicht weit genug

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Darf ein Embryo vor der Geburt getestet werden, wenn die Eltern mit einer erblichen Krankheit belastet sind und das Risiko besteht, dass das Kind im Erwachsenenalter selbst daran erkrankt? Das war einer der letzten Streitpunkte des inzwischen seit acht Jahren verhandelten und immer wieder verschobenen Gendiagnostikgesetzes (GenDG). Nun hat sich Union mit dem Verbot von vorgeburtlichen Gentests bei solchen so genannten spätmanifesten Erkrankungen durchgesetzt – durchaus im Geiste des Gesetzes, das in seiner Präambel das Recht auf informationelle Selbstbestimmung hervorhebt und betont, dass niemand wegen seiner genetischen Eigenschaften diskriminiert werden darf, weder durch den Arbeitgeber noch durch Versicherungen; auch heimliche Vaterschaftstests bleiben verboten.

Dass dem Gesetzgeber damit ein gesellschaftspolitischer Spagat aufgegeben war, lässt sich an der Umkehrung des Selbstbestimmungsprinzips erkennen, denn es beinhaltet nicht nur das Recht auf Nichtwissen, sondern auch das Recht auf Wissen, zum Beispiel der Schwangeren, die im Einzelfall in ernste Konfliktsituationen kommen kann, wie die SPD argumentierte und deshalb die möglichen Testangebote ausgeschöpft sehen wollte. Doch eindeutig diagnostizierbare erbliche Erkrankungen wie Mukoviszidose oder Chorea Huntington sind selten, und schon bei erblichem Brustkrebs gehen die Meinungen auseinander, ob ein Gentest Auskunft über eine spätere Erkrankung geben kann. Das Gendiagnostikgesetz legt deshalb großen Wert auf die Beratung, sowohl vor als auch nach einem Gentest, um die Betroffenen über dessen Tragweite aufzuklären. Allerdings obliegt das Aufklärungsgeschäft verbindlich nur Humangenetikern und Medizinern ­ eine typische Folge des Ärztemonopols mit seinem verengten Wahrnehmungshorizont.

Dass das Gendiagnostikgesetz nicht in jedem Fall vor Diskriminierung schützt, wird dort deutlich, wo es um viel Geld geht. Bei Versicherungsabschlüssen mit hohen Prämien etwa müssen schon vorliegende Gentests offengelegt oder können von den Versicherungsgesellschaften eingefordert werden. Ähnliches gilt für die diskriminierenden Ausnahmeregelungen für ausländische Mitbürger (§17 Abs. 8 GenDG), die im Rahmen des Familiennachzuges von den geltenden Informations- und Widerspruchsrechten ausgeschlossen bleiben – ein Skandal, auf den nur wenige Verbände aufmerksam gemacht haben.

Nicht im Sinne des Diskriminierungsschutzes sind auch die Regelungen zur vorgeburtlichen genetischen Diagnostik, soweit sie Missbildungen oder bereits manifeste, aber nicht therapierbare Krankheiten betreffen: Die Feststellung eines Down-Syndroms beispielsweise führt heute schon in 90 Prozent der Fälle zu einer Abtreibung. Und der Versuch, per Gentest Behinderung zu vermeiden – so viele Behindertenverbände – führt in der Konsequenz auch zu einer Abwertung und symbolischen Eliminierung von Behinderten. In diesem Fall hat das Gesetz vor einem bereits normalisierten Handeln und einer hinterfragbaren Präventionslogik kapituliert. Hätte es Ernst gemacht mit dem Diskriminierungsverbot, müssten vorgeburtliche Gentests generell verboten werden.

Das größte Manko des Gendiagnostikgesetzes liegt jedoch in den Bereichen, die der Gesetzgeber per se aus der Regelungsabsicht ausgeschlossen hat, das gilt vor allem für den Umgang mit Gentests und Genproben in der Forschung. Davon ist mittlerweile in keinem Kommentar mehr die Rede, obwohl dieser Komplex in den Verhandlungen und Anhörungen eine wichtige Rolle spielte. Der von Experten wiederholt angemahnte Schutz von Probanden und die Rechtssicherheit für die Forschung wurden in den Wind geschlagen, und das schmälert nun die guten Absichten des Gendiagnostikgesetzes.

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