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Politik : Raus aus der Grauzone

Der Deutsche Ethikrat empfiehlt das Ende der Babyklappe. Das ist eine Stellungnahme, die das vergessene Gremium wieder in die Aufmerksamkeitszone rücken wird

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Intuitiv findet sie jeder gut: Babyklappen oder Einrichtungen, wo Frauen in einer schwierigen Notlage ihr Baby abgeben können, im sicheren Wissen, das Kind wird sofort gefunden und versorgt. Jeder spektakuläre Fall von Kindesaussetzung, der durch die Presse geht, scheint deren Existenzrecht zu bestätigen. Es waren eben solche Medienberichte, die 1999 dazu führten, dass zuerst der Hamburger Verein Sterni Park e.V. eine Babyklappe einrichtete und ein Jahr später das bayerische „Moses“-Projekt flächendeckend nachzog. Mittlerweile gibt es rund 80 Babyklappen in Deutschland, 130 meist konfessionelle Krankenhäuser bieten Frauen die Möglichkeit, ihr Kind anonym zu gebären und dann zur Adoption freizugeben.

Wie viele es genau sind, ist nicht bekannt, denn die Einrichtungen arbeiten in einer gesetzlichen Grauzone. Unbekannt ist auch, wie viele Kinder in den letzten neun Jahren unter welchen Bedingungen und in welchem Zustand abgegeben wurden, denn das Meldeverhalten ist höchst unterschiedlich. Die Bundesregierung musste auf eine Große Anfrage der FDP im Jahre 2007 einräumen, dass nicht nur eine Rechtsgrundlage für die Betreibung von Babyklappen fehlt, sondern den staatlichen Stellen zu vielen Fragen „keine Erkenntnisse vorliegen“.

Ein unhaltbarer Zustand, befand der Deutsche Ethikrat (DER), der sich seit seiner Neukonstituierung vor rund zwei Jahren mit diesem Thema herumschlägt. Nun hat er sich in dieser Formation erstmals zu einer Stellungnahme durchgerungen, und sie dürfte das mittlerweile schon in die Vergessenheitszone gerutschte Gremium wieder in die Schlagzeilen bringen.

Hoch problematisch

Denn anders als der „gesunde Menschenverstand“ es aufgibt, sind die Räte nach langer Sichtung des einschlägigen Datenmaterials und der Expertenmeinungen mehrheitlich zur Ansicht gelangt, dass Babyklappen und anonyme Geburt in der heutigen Form, weil sowohl rechtlich als auch ethisch hoch problematisch aufgegeben werden.

Nicht nur gebe es für die Annahme, dass Babyklappen Leben schützen, keine ausreichende Grundlage. Das Angebot, so die Kritik von Ethikrätin Ulrike Riedel, schaffe vielmehr eine neue Nachfrage. Grundsätzlich aber reichten die schon bestehenden Hilfsangebote aus, um in Not geratene Frauen aufzufangen. Andererseits verstößt die anonyme Kindesabgabe aber gegen das Recht der betroffenen Kinder auf Kenntnis ihrer biologischen Herkunft und der Eltern und gegen das Recht des nicht abgebenden Elternteils auf den Zugang zum Kind. Selbst wenn im Einzelfall einmal ein Kind gerettet werden könnte, sei die weitere Duldung einer grundsätzlich rechtswidrigen Lösung nicht weiter hinzunehmen.

Der Ethikrat schlägt in seiner Stellungnahme deshalb vor, die Babyklappen nach und nach zu schließen und die bestehenden Beratungsangebote so auszubauen, dass sie von Hilfe suchenden Frauen erreicht und – auch anonym – in Anspruch genommen werden können. Weiterhin fordert der Rat Minimalstandards für die Meldung anonym geborener Kinder und empfiehlt ein „Gesetz zur vertraulichen Kindesabgabe mit vorübergehend anonymer Meldung“. Es soll eine vorübergehende Anonymität der Mutter und des Kindes (maximal ein Jahr) regeln und kontrollierte Modalitäten der Kindesabgabe, die zum Beispiel Missbrauch beim Adoptionsverfahren verhindern. Kernbestandteil ist das Recht des Kindes, dass die Anonymität nach einer absehbaren Frist aufgehoben wird.

Sondervotum für Status quo

In einem Ergänzungsvotum halten Riedel und ihr Kollege Axel Bauer dieses Gesetz zwar nicht für notwendig, aber ein angesichts der aufgeheizten öffentlichen Diskussion "sicheres und wirksames Ausgleichsangebot", wie der Ratsvorsitzende Schmidt-Jortzig erklärte. Sechs Räte weitere Räte haben dagegen ein Sondervotum abgegeben, das sich für den Erhalt des Status quo ausspricht. Sie machen geltend, dass Babyklappen in extremen Notfällen möglicherweise doch Leben retten und deshalb toleriert werden sollten.

Dass sich die Räte aus dem konfessionellen für den Erhalt der meist kirchlichen Einrichtungen engagieren würden, war voraussehbar; unterstützt wird das Minderheitenvotum jedoch auch von dem Medizinethiker Eckhard Nagel und der Verfassungsrechtlerin Kristiane Weber-Hassemer. Diese gab auf Nachfrage zu Protokoll, vom verfügbaren Datenmaterial, das gegen Babyklappen und anonyme Geburt spräche, wenig überzeugt zu sein. Was, genau genommen, wiederum dafür spricht, den gegenwärtigen Zustand zu beenden und das Geschehen um anonyme Geburten transparenter zu machen.

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