Am Ende wird es wieder Karlsruhe richten müssen. Seit heute verhandelt das Bundesverfassungsgericht nun über die Vorratsdatenspeicherung. Es wird also bald entscheiden, ob das massenhafte Speichern aller Verbindungsdaten in Deutschland mit dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Bürger zu vereinbaren ist. Mit einem Urteil wird im Frühjahr 2010 gerechnet.
Die Chancen für das Gesetz stehen denkbar schlecht. Das Bundesverfassungsgericht hat in der Vergangenheit immer wieder gezeigt, das es die Ideale des freiheitlichen Rechtsstaats über die teilweile stark überzogene Sicherheitsgesetzgebung der wechselnden Regierungskoalitionen seit dem 11. September 2001 stellt. Es kassierte das rot-grüne Luftsicherheitsgesetz, das der Luftwaffe erlaubt hätte, Passagiermaschienen abzuschießen, und bremste Wolfgang Schäuble, damals noch Innenminster, 2008 konsequent aus, als dieser die umstrittenen Onlinedurchsuchungen vorbereitete. Karlsruhe knüpfte deren Einsatz an harte Auflagen.
Dass ausgerechnet dieses Gericht die Vorratsdatenspeicherung nicht beanstanden sollte, ist also unwahrscheinlich. Bei den Parteien beginnt deshalb schon die Schadensbegrenzung. Die SPD, in ihrer Regierungszeit für so einige bürgerrechtliche Grausamkeiten mitverantwortlich, ist auf einmal gegen Internetsperren, ein Zugeständnis an die Netzgemeinde. Zur Vorratsdatenspeicherung äußerte sie sich bisher allerdings nicht.
Anders die FDP. Die Liberalen stimmten 2007 gegen das Gesetz. Erst kürzlich forderte der designierte Generalsekretär Christian Lindner die Datenspeicherung „strengstens zu beschränken“. So viel Courage hatte die Partei in den Koalitionsverhandlungen allerdings nicht. Da winkte sie die Vorratsdatenspeicherung fast unbeanstandet durch.
Es zeigt sich: In der deutschen Legislative findet sich derzeit nicht der politische Wille, die Freiheit der Bürger als oberstes Ideal anzusehen. So bleibt es wieder an den Gerichten, die Grundrechte der Bürger effektiv zu schützen. Für das Parlament ist das ein Armutszeugnis.