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Politik : Auf freiem Feld

Die Öffnung des ehemaligen Tempelhofer Flughafens an diesem Wochenende führt leider nur eines vor Augen: Öffentlicher Raum ist in Berlin nicht für jeden zugänglich

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Von einem „Tempelhofgefühl“ spricht die Berliner Senatorin für Stadtentwicklung, Ingeborg Junge-Reyer. Und der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit wird nicht müde, den Berlinern zu versichern, dass sie auf eigenem Grund und Boden stehen: „Das ist Ihr Tempelhofer Feld“ betont er ein ums andere Mal. Ein Flair von Dorffest weht an diesem Samstag über die frühere Landebahn und passender könnte sich die kleine Bühne, auf der Wowereit und Junge-Reyer stehen, kaum dort einfügen.

Eine Blaskapelle heißt die beiden Politiker mit einem Tusch willkommen. Vor der Bühne stehen etwa 300 Berliner, größtenteils Rentner, ein paar Jungfamilien. Ein Teil von ihnen sorgt für rote SPD-Ballons in der Luft. Die Polizisten, deren Zahl sich kurz vor der offiziellen Eröffnungsrede von Wowereit und Junge-Reyer rasant erhöht hat, wirken ein wenig überflüssig; sollen sie Omas und Kinder daran hindern Eier auf die Bühne zu werfen? Der Regierende hat gerade einmal Zeit für einen Satz, in dem die Worte „neues Freizeiterlebnis“ und natürlich auch „Ihr Feld“ vorkommen, bis klar wird, vor welcher vermeintlichen Gefahr die Polizei hier schützen soll. Ebenso schnell wie die Polizisten hat sich kurz vor dem Auftritt des Bürgermeisters eine Gruppe von Demonstranten eingefunden, die die Rede stören wollen. Die Öffnung des ehemaligen Flughafengeländes geht ihnen nicht weit genug: „Der Zaun muss weg“ ist ihre Forderung.

Von diesem Wochenende an ist der Flughafen Tempelhof das Tempelhofer Feld und soll schließlich zum Tempelhofer Park werden. 2017 findet auf dem Gelände die Internationale Gartenausstellung statt, Gewerbe- und Wohngebiete sollen an seinen Rändern entstehen. Das Tempelhofer Feld ist täglich für die Öffentlichkeit und nicht mehr wie der Flughafen nur für besondere Führungen oder eine Modemesse geöffnet – außer nachts. From dusk till dawn, von Sonnenuntergang bis Sonnenaufgang bleibt das Gelände geschlossen, abgesperrt durch einen Zaun. Dieser Zaun ist es, der die Gemüter erhitzt. Von öffentlichem Raum könne keine Rede sein, meinen Bürger- und Anwohnerbewegungen, wo ein Gelände eingezäunt und nur tagsüber zugängig ist und von einem Sicherheitsdienst bewacht wird. Der Zaun sei immer schon dagewesen, erinnert Wowereit und er findet das wohl auch gut so.

Der Bürgermeister will „Ordnung auf diesem Feld“ haben und sieht die offenbar nur durch Absperrung und Sicherheitspersonal gewährleist. Das Motto des Eröffnungsfestes lautet „Bewegungsfreiheit“ und die ist für Wowereit wunderbar mit dem Zaun vereinbar. „Wenn man hier drin ist, kann man sich frei bewegen.“ Die Senatorin für Stadtentwicklung Junge-Reyer ist zwar dafür, dass Argumente und nicht Lautstärke die hitzigen Diskussionen um die Nutzung des Tempelhofer Feldes entscheiden. Aber Wowereit, der an diesem Tag ein zweites Lieblingswort im Munde führt („Demokratie ist, wenn man den anderen akzeptiert.“) sieht das wohl nicht so eng. „Wenn Du noch lange schreist“, wendet er sich per Mikrofon an einen Demonstranten, „ist nachher Deine Stimme kaputt und wir kommen trotzdem durch.“ Es ergeht keine Einladung zur Diskussion an die Bürger, die ein offeneres Feld ohne Zaun wollen. Am Abend dann drängt die Polizei rund 300 Demonstraten vom Gelände, die versuchten, den Zaun zu stürmen. Die Polizei spricht von einer "Begleitung" der Leute vom Feld.

Ja, wahrscheinlich bleibt das Tempelhofer Feld mit Zaun sauberer als andere Berliner Grünflächen. Und ja, der Zaun grenzt ein und nachts vor allem aus. Klar werden sollten sich die Berliner - Politiker wie Bürger – jedoch zunächst über eines: Die Frage, was öffentlicher Raum ist, hängt nicht zuletzt an einer anderen: Was ist Öffentlichkeit? Wenn man Gruppierungen einfach aus ihr ausschließen kann (Wowereit: „Das ist nicht das Feld der Krakeelmacher.“), ist der öffentliche Raum nicht lange öffentlich. Und wir haben ja gehört: Demokratie ist, wenn man den anderen akzeptiert.

Das Tempelhofer Feld ist auch am heutigen Sonntag ab 9 Uhr geöffnet.

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