Noch weiß niemand, wer bei der Präsidentschaftswahl 2012 für die Sozialisten und Grünen kandidiert, um Amtsinhaber Nicolas Sarkozy zu schlagen. Bewerber gibt es einige
Le Parti Socialiste (PS) ist weiter mit sich selbst beschäftigt, das heißt mit dem Austausch von Strategiepapieren wie der Frage, wer 2012 um das höchste Staatsamt streiten soll. Zwischen Parteichefin Martine Aubry und Ségolène Royal, der ehemaligen Kandidatin, herrschte zunächst noch Waffenruhe, während Dominique Strauss-Kahn versuchte, mit seinen Erfolgen als Präsident des Internationalen Währungsfonds (IWF) zu punkten. Da ihm ein direktes Eingreifen in Frankreichs Innenpolitik verwehrt ist, lässt er seine Frau – die Journalistin Anne Sinclair – für ihn werben: „Man muss wirklich übergeschnappt sein, um zu sagen, Dominique Strauss-Kahn sei kein Linker.“ Im Hintergrund agiert François Hollande, der gl
gleichsam im Kandidatenausscheid zu bestehen hofft.Fusion bei den GrünenDoch dann machte Martine Aubry Mitte November Nägel mit Köpfen. Ihr Strategiepapier stammte von Parteisprecher Benoït Hamon und trug den Titel Echte Gleichheit. Der Nationalrat des PS, das Parteiparlament, gab dem Traktat mit 59 Stimmen seinen Segen, das für einen energischeren Linkskurs plädiert, um anderen linken Parteien Stimmen abzujagen. Schließlich dreht sich das Kandidatenkarussell bei den Sozialisten seit dem Sommer auch um die Frage, was aussichtsreicher sei beim Ansturm auf das Bollwerk Sarkozy – eine Linksöffnung oder der Aufbruch zur Mitte. Ségolène Royal ließ dann am 30. November eine Bombe platzen und kündigte einseitig ihre Kandidatur an. Seit diesem Tag herrscht Konfusion in der Partei. Und Rivalität zwischen linken Kandidaten stärkt Nicolas Sarkozy.Für die Grünen beansprucht Daniel Cohn-Bendit, das gesamte Wählerspektrum von „rechts bis links“ anzusprechen. Wie das gelingen soll, sagte er nicht. Bis Mitte November war diese Strömung gespalten in die Grüne Partei (Les Verts) und das lose Unterstützer-Netzwerk um Cohn-Bendit, Eva Joly und José Bové. Beide Formationen – von politischen Parteien zu sprechen, wäre vermessen – mit zusammen etwa 15.000 Anhängern haben nun am 13. November auf einer Art Familientreffen in Lyon unter dem Namen Europe Écologie/Les Verts fusioniert und verstehen sich als Sammellager aller umweltpolitisch engagierten Bürger sowie als „autonome Kraft“. Man will 2012 mit einem eigenen Aspiranten zur Präsidentenwahl antreten und jedem Linksbündnis aus dem Weg gehen, so das einzige programmatische Postulat von Lyon. Dabei ist die grüne Kandidatin zwar noch nicht gewählt, steht jedoch schon so gut wie fest: die ehemalige Untersuchungsrichterin Eva Joly, profiliert als Aufklärerin bei der Schmiergeldaffäre um Elf Aquitaine-Leuna, in die 37 Personen aus der politischen Nomenklatura verwickelt waren, von denen 30 rechtskräftig verurteilt wurden. Einzig ernsthafter Rivale ist Nicolas Hulot, ein durch Umweltsendungen bekannter Starjournalist, der noch nicht einmal Mitglied von Europe Écologie/Les Verts ist.Gegner aus den eigenen ReihenUndurchsichtig und chaotisch wirkt die Situation im konservativen Lager. Nicolas Sarkozy und Premier Fillon sehen in der gerade umgebildeten Regierung ein „Kampfkabinett“. Wofür es zu kämpfen hat? Auf jeden Fall für „Stabilität“ – das heißt, für ein geringeres Staatsdefizit sowie für „Sicherheit“, sprich: Polizeipräsenz. Die Vorsitzenden der kleinen Radikalen Partei, Jean-Louis Borloo, und des Nouveau Centre, Hervé Morin, mussten das Kabinett Fillon verlassen. Freilich wirkt Ex-Umweltminister Borloo nicht nur als Chef der Radikalen, sondern ist zugleich Vizepräsident der regierenden Mehrheitspartei UMP. Doppelte Parteimitgliedschaft ist eine französische Spezialität, die darauf beruht, dass es sich nicht um Parteien im strikten Sinne handelt, sondern eine Melange aus Klub und Verein.Borloo wollte neuer Premier werden und einem möglichen politischen Raumgewinn der Grünen mit einer vorsichtigen „sozial-ökologischen Wende“ begegnen. Da er mit diesem Begehren scheiterte, scheint bei der Wahl 2012 auch die Pflicht zu strikter Loyalität gegenüber Präsident Sarkozy aufgehoben. Ex-Premier Raffarin (UMP) stellte sich bereits gegen den Staatschef und hinter Borloo: „Nötig ist eine Wende mit sozialem Charakter. Mit Borloo könnte man glaubhaft die Absicht verkünden, das soziale Netz neu zusammen zu nähen.“Zu den Gegnern Sarkozys aus den eigenen Reihen gehört auch der ehemalige Ministerpräsident und Außenminister Dominique de Villepin, der im Juni seinen eigene Verein unter dem Namen République Solidaire gründete. In der Regierungspartei UMP herrscht Unruhe wegen dieser Gegnerschaft auf eigenem Terrain – die Abgeordneten fürchten um ihre Zukunft.