Wikileaks arbeitet in Russland und Schweden mit dubiosen Sprechern zusammen: Der Vater profilierte sich als Antisemit, der Sohn fälschte israelkiritsche Zitate
Der Wikileaks-Sprecher und Verbindungsmann in Russland ist von schwedischen Medien als Antisemit und Holocaust-Leugner geoutet worden. Und sein Sohn, der die Organisation in Schweden vertritt und dort Geschichten an ausgewählte Zeitungen vergibt, war bereits in einen Skandal verwickelt: Eine von ihm verfasste Geschichte über die angebliche israelische Kontrolle der schwedischen Medien musste wegen falscher Zitate zurückgezogen werden.
Während dies nicht die Glaubwürdigkeit der Wikileaks-Enthüllungen infrage stellt, so wirft es doch unangenehme Fragen über die Whistleblower-Organisation auf. Die beiden Personen, von denen hier die Rede ist, sind Israel Shamir – ein zu orthodoxem Christentum und leidenschaftlichem Antisemitismus konvertierter Jude R
Übersetzung: Holger Hutt
Jude – und dessen Sohn Johannes Wahlström. Shamir firmiert im Newsletter Counterpunch als Co-Autor eines Artikels, in dem unterstellt wird, die Frau, die Anzeige wegen Vergewaltigung gegen Julian Assange erhoben hat, sei ein Spitzel der CIA. Doch er hat eine längere und skurrilere Vergangenheit als dies vermuten ließe.Dem emeritierten Professor für russische Literatur an der Gothenburg Universität Magnus Jjunggren zufolge, hat Shamir bereits mindestens sechs verschiedene Namen angenommen, unter anderem Israel Schmerler (unter dem er im sibirischen Nowosibirsk geboren wurde), Jöran Jermas und Adam Ermash, ist aber international als Shamir bekannt. Seit 1992 ist er schwedischer Staatsbürger. In einem Interview mit einem schwedischen Holocaust-Leugner, Kreationisten und Islamisten namens Mohamed Omar, das den Titel Der Holocaust ist ein Götzenbild trug, sagte Shamir:„Der Antisemitismus ist ein erfundenes Konzept ohne jede reale Bedeutung. Ich glaube nicht, dass Antisemitismus überhaupt existiert. In der jüdischen Religion ist es ein Glaubensgrundsatz, dass Juden und Nichtjuden sich hassen müssen. Daher kommt der so genannte „Antisemitismus“. Es ist ein jüdischer Glaubensgrundsatz. Ich habe viele so genannte „Antisemiten“ getroffen und unter ihnen keinen einzigen gefunden, der Juden hasst. Ich stimme mit Joseph Sobran überein, dass ein Antisemit nicht jemand ist, der Juden hasst, sondern einer, den die Juden hassen. Die meisten Leute kümmern sich überhaupt nicht um Juden, geschweige denn, dass sie sie hassen würden. Aber, wie gesagt, die Vorstellung, dass Nichtjuden einen Hass gegen Juden hegen, ist ein jüdischer Glaubensartikel und hat nichts mit der Realität zu tun.“Shamirs jüngstes Buch auf Russisch trägt den Titel Wie die Verschwörung der Weisen von Zion zu brechen ist. Sein Sohn, Wahlström, ist sogar noch bemerkenswerter, weil er nach außen hin respektabler erscheint. Er hat in mehreren Funktionen für den öffentlich-rechtlichen schwedischen Fernsehsender SVT, die Tageszeitung Aftonbladet und das linke Magazin Ordfront gearbeitet. Letzteres musste 2005 eine von Wahlströms Geschichten zurückziehen und sich für diese entschuldigen: Der Autor hatte sich darin über die vermeintliche israelische Kontrolle der schwedischen Medien ausgelassen. Der Artikel enthielt vermeintliche Zitate dreier anderer Journalisten, die diese nach eigenen Angaben nie gemacht haben.Exklusiver Zugang zum Wikileaks-FundusNichtsdestotrotz bezahlt ihn Aftonbladet weiter für Rechercheaufträge wie für Beratungstätigkeiten, da er exklusiven Zugang zm riesigen Wikileaks-Depeschen-Arsenal hat und als „gatekeeper“ Geschichten an bevorzugte Medienpartner verteilt. Die Plattform arbeitet in allen Ländern, in denen sie nicht über einen großen und etablierten Medienpartner wie den Guardian oder den Spiegel verfügt, auf diese Weise mit freiberuflichen Journalisten zusammen. Die anderen Empfänger von Wahlströms Geschichten sind das Flaggschiff des Nachrichtenjournalismus im schwedischen Fernsehen, Uppdrag Granskning, und das Svenska Dagbladet, eine der großen Stockholmer Tageszeitungen, die zum gleichen Konzern gehört wie Aftonbladet.Wahlström bezeichnet seinen Vater als einen verfolgten Intellektuellen, den man mit Salman Rushdie vergleichen könne. Er weigerte sich aber, mit einem schwedischen Radiosender zu reden, welcher der Geschichte nachging. Seinen Vater konnten die Macher der Sendung erreichen und er gab ihnen ein bizarres Interview auf Englisch: „Ich habe so etwas gehört. Sie sagen das. Ich habe von diesen Gerüchten gehört, will mich aber zu meinen persönlichen, familiären Angelegenheiten überhaupt nicht äußern.“ Er bestritt auch, eine besondere Verbindung zu Wikileaks zu unterhalten, obwohl der Sprecher der Gruppe, Kristinn Hrafnsson, bestätigte, dass Shamir die Organisation in Russland in eben der Weise vertrete, wie Wahlström in Skandinavien. Auch veröffentlichte die Tageszeitung Expressen ein Bild von ihm, auf dem er hinter Julian Assange an einem Computer steht. Es stammt aus einer russischen Zeitung, welche die Wikileaks-Depeschen abdruckte, die er an sie weitergeleitet hatte.Soweit ist die Geschichte bislang gediehen. Angesichts der engen, wenn auch undurchsichtigen Verbindungen zwischen dem russischen Sicherheitsapparat und der quasi-faschistischen Nationalistischen Bewegung in Russland, mit der Shamir in Verbindung steht, hat dies für die Sicherheit eines jeden, dessen Namen in den Depeschen erwähnt wird, beunruhigende Auswirkungen. Nicht, weil die Depeschen selbst ungenau wären, sondern weil sie dies nicht sind.