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Politik : Was Misstrauen schafft

Die Entdeckung des größten Sicherheitslecks in der Geschichte von Wikileaks erzeugt nun selbst bei einst entschiedenen Befürwortern Zweifel

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Die Entdeckung einer im Internet zirkulierenden Datei mit unredigierten US-Botschaftsdepeschen aus dem Bestand von Wikileaks hat eine weltweite Debatte um die Sicherheit von Whistleblower-Plattformen ausgelöst.

„Menschen, die in den Kabelnachrichten genannt sind, laufen nun Gefahr, Represssionen ausgesetzt zu werden“, sagte der Generalsekretär von Reporter ohne Grenzen, Jean-François Julliard. „Wikileaks hat seine Existenzberechtigung und kann eine wichtige Aufgabe erfüllen, aber es hat kein Recht, Menschen zu gefährden.“ Generell seien die Veröffentlichungsprozesse von Whistleblower-Plattformen bisher nicht ausgereift. Solche Projekte müssten Regeln entwickeln, um mit hochsensiblen Daten verantwortungsvoll umzugehen. Reporter ohne Grenzen hatte schon 2010 kritisiert, dass Wikileaks Hinweise auf afghanische Zuträger der US-Truppen veröffentlicht hatte.

Das jüngste Leck veranlasst aber auch offizielle Wikileaks-Unterstützer zu Kritik: Die aktuelle Diskussion mache einen Unterschied deutlich, schreibt etwa der Medientheoretiker Clay Shirky dem Freitag, nämlich den „Unterschied zwischen Organisationen, die Dokumente redigieren, um die darin genannten Menschen zu schützen und jenen, die das nicht tun“.

Der schwedische Medienwissenschaftler Christian Christensen, den wikileaks.org ebenso wie Shirky als „Kommentator“ empfiehlt, meint: „Die Vergewaltigungsvorwürfe gegen Assange in Schweden, die verbittert ausgefochtene Trennung von Domscheit-Berg und nun die vermeintliche Veröffentlichung dieser unbearbeiteten Dokumente haben rund um die Organisation ein Zirkus-Umfeld erzeugt, das mich denken lässt, dass Wikileaks nicht funktionieren wird. Möglich, dass die Organisation ausgebrannt ist.“

Tarnfirmen, Telefonate, Terror

Der ebenfalls als Wikileaks-Kommentator angegebene Weblog-Pionier Dave Winer: „Ich halte mich nicht für einen Wikileaks-Unterstützer.“ Allerdings habe er Wikileaks in der Vergangenheit gegen kindische Journalisten verteidigt. „Wäre es besser gewesen, wenn sie (die Wikileaks-Aktivisten) verantwortungsvoller gewesen wären? Ja. Hätte so etwas auch beim Spiegel, der Times, dem Guardian geschehen können? Ja! Natürlich.“

Guido Strack vom deutschen Whistleblower-Netzwerk mahnt dennoch zur Vorsicht: „Wir würden angesichts der Umstände derzeit keinem Whistleblower empfehlen, Daten an Wikileaks weiterzugeben.“ Auch beim Konkurrenzportal Openleaks – das der Freitag in der Testphase als Partner begleitet – sehe es „in Punkto Transparenz nicht wirklich besser aus“. Bei Leaking-Plattformen gebe es derzeit zu viele Unklarheiten: „Der Whistleblower verliert mit der Verschickung jegliche Kontrolle.“

Rena Tangens vom Datenschutzverein Foebud wiederum sagt: „Wir finden es schade, dass die Schlammschlacht zwischen Wikileaks und Openleaks dazu führt, dass es keine funktionierende Informationsweitergabe-Plattform gibt.“ Technik allein könne keine Sicherheit herstellen, „Vertrauen ist eine persönliche Angelegenheit“. Insofern ändere die Entdeckung der Kabeldatei die Haltung des Foebud zu Wikileaks nicht: „Wir haben nicht angenommen, dass die eingelieferten Daten ‚sicher‘ seien.“

Der Hacker-Verein Chaos Computer Club (CCC), der Openleaks-Mitgründer Daniel Domscheit-Berg ausgeschlossen hat, wollte sich zu dem Fall ebensowenig äußern wie die CCC-nahe Wau-Holland-Stiftung. Die Stiftung verwaltet einen Teil des Geldes von Wikileaks. Stiftungsvorstand Klaus Schleisiek versicherte dem Freitag lediglich, dass es auch 2012 einen Transparenzbericht über den Umgang mit den Wiki­leaks-Spenden geben werde.

Die vom Freitag im Netz entdeckte Datei enthält 251.287 Kabelnachrichten, darunter viele als „geheim“ eingestufte, die Wikileaks bisher nicht veröffentlicht hat. So etwa die Depesche 09KUALALUMPUR991 vom 11. 12. 2009, in der ein namentlich genannter Informant über iranische Tarnfirmen spricht, die vermeintlich mit Waffen handeln. Oder die Depesche 10KHARTOUM133 vom 28. Februar 2010, die Wortprotokolle mit Namen und Telefonnummer eines Tippgebers enthält, der die Botschaft vor einem vermeintlich drohenden Anschlag warnte.

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