Es sind die Pförtner in den Eingangslogen der Glaspaläste, die von morgens sechs bis abends acht den Bankern und Versicherungsmanagern ein wohliges Bewachtsein suggerieren. Es sind die Putzfrauen in deren Büros, die Warenscanner an den Supermarktkassen. Aber es sind auch die Kulturwissenschaftler, die sich im Callcenter verdingen, und die arbeitslosen Ingenieure, die für Zeitarbeitsfirmen schuften. Knapp acht Millionen Menschen in Deutschland erhalten Billiglöhne von weniger als 9,15 Euro, die Hälfte davon sogar weniger als sieben Euro. 1,4 Millionen Arbeitnehmer ackern für weniger als fünf Euro die Stunde.
Diese Ergebnisse der Universität Duisburg-Essen sind nicht überraschend. Vom ausufernden Niedriglohnsektor war in den vergangenen Jahren zur Genüge die Rede, von Hunderttausenden Aufstockern, die sich ihre Armutslöhne vom Staat aufs Existenzminimum auffüttern lassen müssen. Es ist ein Massenphänomen, das ganz normale Menschen betrifft, das von heute auf morgen jeden betreffen kann, der wahlweise unter 25 Jahren als zu gering qualifiziert oder über 50 als zu alt aussortiert und für einen auskömmlichen Lohn als zu unproduktiv befunden wird. Zwischen 1995 und 2010 ist die Zahl um 2,3 Millionen in die Höhe geschnellt.
Es gibt keinen Markt für diese Jobs
All das ist bekannt. Es nochmals einen Skandal zu nennen, ist zwar richtig, wirkt aber ermüdend. Ebenso wie die nicht enden wollende Debatte über den Mindestlohn, den Union und FDP immer weiter hinauszögern. Die Wahrheit ist doch: Es gibt keinen echten Markt für diese Jobs. Niemand würde eine Bezahlung unterhalb des Existenzminimus akzeptieren, wenn nicht das Amt mit Hartz-Sanktionen drohte. Es ist ein künstlich geschaffenes Billigproletariat ohne Rechte, das für uns Arbeit erledigt, die uns nichts wert ist.
Ist Sicherheit wichtig? Dann bezahlt den Wachmann anständig. Ist es essentiell, nachts um eins die kaputten Schuhe zu reklamieren? Dann gebt dem Mann an der Beschwerde-Hotline gescheites Geld. Was ist was wert? Das ist die fundamentale Frage, die auch ein Mindestlohn nicht lösen wird. Auch wenn der den ärmsten der Niedriglöhner zunächst einmal weiter hilft.