Das Demonstrationsverbot der Stadt Frankfurt bringt wieder Leben in die Occupy-Bewegung. Die Organisatoren gehen fest davon aus, dass die Aktion nächste Woche stattfindet
Es war still geworden um die Protestbewegung, die sich im vergangenen Herbst weltweit formiert hatte. Bis vor kurzen hatte es noch so ausgesehen, als würden die Überbleibsel von Occupy in Frankfurt am Main im Müll ersticken. "2012. Still occupied" stand auf einem Schild vor dem Camp gegenüber der Europäischen Zentralbank (EZB). Eine Mahnung, die nicht mehr schockieren konnte, weil niemand mehr etwas von den Kapitalismuskritikern erwartete. Die Stadt Frankfurt übte sich in Toleranz und verlängerte die Genehmigung der Dauerdemo vor zwei Wochen noch einmal.
Doch jetzt, wo diese Bewegung wieder Fahrt aufnimmt und ein Bündnis aus linken Gruppen zu den europaweiten Blockupy-Aktionstagen vom 16. bis 19. Mai nach Frankfurt gerufen hat, soll die Toleranz ein E
ranz ein Ende haben: Am Freitag teilten Oberbürgermeisterin Petra Roth und Ordnungsdezernent Markus Frank (beide CDU) mit, dass alle Demonstrationen in diesem Rahmen verboten seien. „Die Blockade der Stadt überschreitet bei weitem das, was verhältnismäßig ist und den Menschen in Frankfurt am Main zugemutet werden kann“, erklärte Roth.Kritiker zuhaufDas Blockupy-Bündnis hatte angekündigt am 17. Mai die Anlagen und zentrale Plätze der Stadt besetzen, um „Raum für Diskussion und inhaltlichen Austausch zu schaffen“. Am Tag darauf sollte der Geschäftsbetrieb der Banken in Frankfurt, namentlich die EZB symbolisch blockiert werden. Und für den 19. Mai war eine Großdemonstration angekündigt, um die Breite der Proteste sichtbar machen. Das ist in der Tat mehr, als sich die frühe Occupy-Bewegung je erlaubt hatte, zumal sie inhaltlich derart diffus war, dass offenbar jeder mit ihr sympathisierte oder großzügig den Mund hielt – bis auf den ehemaligen Bürgerrechtler und jetzigen Bundespräsidenten Joachim Gauk, der die weltweiten Proteste von Anfang an "unsäglich albern" fand.Linke Kritiker hatten sich eher an der vereinfachten Kapitalismuskritik der Occupy-Bewegung gestört, die Banker und Manager gegenüber den restlichen 99 Prozent zu Sündenböcken erklärte. Oder sie hatten sich angesichts des bunten Nebeneinanders von vergemeinschaftungswilligen Verschwörungstheoretikern und Esoterikern schweigend die Augen gerieben und entschlossen, an diesem „globalen Bewusstseinswandel“ vielleicht doch nicht teilhaben zu wollen.Mehr als ein halbes Jahr später versuchen klassische und radikale Linke nun doch, von dem Occupy-Hype zu profitieren. Attac, Verbände der Partei die Linke, der Grünen, Gewerkschaften, Antifa-Gruppen und die Interventionistische Linke, ein bundesweiter Zusammenschluss linksradikaler Gruppen, der in der Vergangenheit bereits zu Blockade-Aktionen zum Dresdner Naziaufmarsch und zum G8-Gipfel nach Heiligendamm mobilisiert hatten, rufen nun zu Protesten gegen das “Krisenregime” der Europäischen Union auf. „Wir wollen den Widerstand gegen ein Krisenregime, das Millionen Menschen in vielen Ländern Europas in Not und Elend stürzt, an einen seiner Ausgangspunkte tragen“ heisst es in dem Aufruf für Demonstrationen gegen die aktuelle Politik von EU und Troika.Alle Rechtsmittel und alle InstanzenDiese Proteste möchte die Stadt nun komplett verhindern. Die Veranstaltungsanmelder haben gegen die Entscheidung der Stadt Frankfurt offiziell Widerspruch eingelegt und kündigten an, „alle Rechtsmittel und alle Instanzen der Justiz ausschöpfen, um gegen die grundgesetzwidrige Einschränkung des Versammlungs- und Demonstrationsrechts“ vorzugehen, erklärt Ulrich Wilken, Linken-Landesvorsitzender in Hessen. Über 2.500 Personen haben außerdem eine Online-Petion gegen das Verbot unterzeichnet.Wolf‐Dieter Narr vom Komitee für Grundrechte und Demokratie e.V. richtete sich in einem offenen Brief an die Stadt Frankfurt und forderte die freiwillige Rücknahme des Verbots. Er warf der Stadt vor, den Frieden in der Stadt „mutwillig mit vor- oder nachdemokratischer Gewalt” zu gefährden. Die Meinungsfreiheit sei nicht nur essentieller Bestandteil der sonst “repräsentativ zu magersüchtigen Demokratie”, sondern die sechziger und siebziger Jahre hätten auch gezeigt, dass die Demonstrationsfreiheit in gesellschaftlichen Interessenskonflikten Gewaltausbrüche vermindere, heißt es in dem Brief.Für Christoph Kleine von Blockupy bedeutet das Verbot vor allem dies: „Der Versuch, den Protest gegen die Politik der Troika aus EZB, EU und IWF einfach zu unterbinden, ist ein weiterer Beweis, wie berechtigt die Kritik am undemokratischen Charakter der europäischen Krisenpolitik ist“, so wird er in einer Pressemitteilung von Attac zitiert. Keiner der Organisatoren geht davon aus, dass das Verbot einer juristischen Prüfung standhalten kann. Dafür dürfte es erhebliche mobilisierende Wirkung haben.