Gute Nachrichten vom Wohnungsmarkt sind eine Seltenheit. Auf den ersten Blick könnte der 5. Juni 2024 also dazu taugen, im Kalender dick als Feiertag markiert zu werden. Da verkündete Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD): „Die Wohngemeinnützigkeit ist wieder da!“
Die Wohngemeinnützigkeit gilt schon seit vielen Jahren als Hoffnung im Kampf gegen die Wohnungskrise. Der Grundgedanke: Unternehmen und gemeinnützige Träger sollen Steuererleichterungen, Zuschüsse oder günstigen Zugang zu Bauland bekommen, um Mietwohnungen bauen und dauerhaft zu bezahlbaren Preisen anbieten zu können – Wohnungen also, die nicht wieder nach 20 bis 30 Jahren aus der Förderung fallen. Auf einmal gäbe es ein Segment im Wohnungsmarkt, das keine
das keine Ware mehr wäre – sondern einfach ein menschliches Grundbedürfnis bedienen würde. Dass sich die Koalition aus SPD, Grünen und FDP darauf geeinigt haben sollte, klang fast zu gut, um wahr zu sein.„Mini-Wohngemeinnützigkeit“ nennt es der Deutsche MieterbundNun ist es in der Realität leider so: Dinge, die zu gut klingen, um wahr zu sein, sind in der Regel nicht wahr. Zumindest nicht so ganz. Genau so ist es bei der Wohngemeinnützigkeit. Eine „Mini-Wohngemeinnützigkeit“ nennt sie der Deutsche Mieterbund. Für diese Einschätzung gibt es gute Gründe. Denn im Vergleich zu den im Vorfeld kursierenden Konzepten nimmt sich die Wohngemeinnützigkeit à la Ampel klein aus. In Zukunft soll die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum als gemeinnütziger Zweck anerkannt werden. Das bedeutet: Wer Wohnungen dauerhaft unter der ortsüblichen Vergleichsmiete anbietet, soll ab Januar 2025 keine Körperschafts- und keine Gewerbesteuer mehr zahlen müssen.Die Ergänzung eines Paragrafen in der Abgabenordnung. Das klingt nicht gerade nach revolutionärer Veränderung. Etwa 100 soziale Unternehmen, Stiftungen und Vereine, die von der neuen Regelung profitieren sollen, sind besser als nichts, aber kein Durchbruch. Von einer Rückkehr zum 1990 abgeschafften Modell kann nicht die Rede sein. Schon 2021 hatte Lukas Siebenkotten, Präsident des Deutschen Mieterbundes, im Gespräch mit dem Freitag formuliert, was das bedeutet hätte: „Gewinnobergrenzen und eine Verpflichtung, Erlöse wieder in den Wohnungsbau zu stecken. Im Gegenzug gibt es die Anerkennung der Gemeinnützigkeit. Dieses Modell war in der BRD über Jahrzehnte erfolgreich.“Der Deutsche Mieterbund hat selbst ein Konzept für eine Wohngemeinnützigkeit vorgelegt. Neben Steuererleichterungen und Gewinnobergrenzen sah es Investitionszuschüsse oder erleichterten Zugang zu Grundstücken vor. Von all dem ist bei der Ampel nicht die Rede. Dabei würde nur eine Gemeinnützigkeit, die an mehreren Punkten ansetzt, wirklich etwas ändern.Christian Lindner will dafür nicht zahlenDer Geywitz-Entwurf bleibt auch hinter den eigenen Ansprüchen zurück. Denn im Koalitionsvertrag war noch von „steuerlicher Förderung und Investitionszulagen“ die Rede. Doch mehr als das Vorgelegte sei finanziell nicht darstellbar, so Finanzminister Christian Lindner (FDP) laut Tagesspiegel. Da mag in der Mitteilung des Bauministeriums noch so sehr von einer „Säule für mehr bezahlbaren Wohnraum“ die Rede sein – der aktuelle Entwurf ist eher ein Pfeilerchen.Neue Wohnungen dürften dadurch kaum entstehen. Auch der GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen glaubt, „angesichts des riesigen Wohnungsdefizites“ bedürfe „es ganz anderer Dimensionen der Unterstützung auf dem gesamten Feld des Wohnungsbaus“. Marktwirkung? Sehr gering. So dümpelt Deutschland in Sachen bezahlbarer Wohnungen weiter vor sich hin. Die Mieten steigen, es werden zu wenige bezahlbare Wohnungen gebaut und Jahr für Jahr fallen weitere Wohnungen aus der Sozialbindung und werden für viele Menschen unbezahlbar.Nun könnte man die „neue Wohngemeinnützigkeit“ einfach in die deprimierende Reihe weitgehend wirkungsloser politischer Maßnahmen im Kampf gegen die Wohnungskrise stellen. Doch in diesem Fall verhält es sich anders. An die Idee Wohngemeinnützigkeit waren zu Recht große Hoffnungen geknüpft. Dadurch, dass eine eher kleine Reform mit diesem Label versehen wird, droht sie entwertet zu werden. Was dagegen hilft? Zu sagen, dass die Wohngemeinnützigkeit eben noch nicht „wieder da“, sondern gerade mal einen ersten Schritt gegangen ist. Von dort muss es weitergehen, die Vorschläge liegen längst auf dem Tisch. Mit denen wäre eine strukturelle Veränderung auf dem Wohnungsmarkt möglich. Und das wäre mal eine wirklich gute Nachricht.