Tankstellen verkaufen neuen Kraftstoff: Wie klimafreundlich ist der Ökodiesel?

Mobilität Diesel tanken und trotzdem ein reines Ökogewissen haben? Das verspricht der neue Kraftstoff HVO 100, der ab sofort erhältlich ist. Er wird aus alten Pflanzenölen und Fettresten hergestellt. Wie teuer ist er – und wird er sich durchsetzen?
Sei ein Öko, tanke Diesel
Sei ein Öko, tanke Diesel

Foto: Patrick Pleul/ Picture Alliance

Mit der Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt ist es offiziell: Ab sofort darf ein neuer Dieselkraftstoff an der Tankstelle angeboten werden, der wesentlich klimafreundlicher sein soll, als jener, der bislang verkauft wird. „HVO 100“ heißt der neue Diesel, der aus alten Pflanzenölen und Fettresten hergestellt wird. Laut Statistik des Kraftfahrt-Bundesamtes fahren aktuell gut 14 Millionen Autos und Lastwagen mit Dieselantrieb in Deutschland. Werden diese jetzt zu rollenden Klimaschützern?

HVO bedeutet „Hydrotreated Vegetable Oil“, also hydriertes, wasserstoffbehandeltes Pflanzenöl. Oft handelt es sich dabei um Altspeiseöle – beispielsweise aus der Gastronomie. Der Klimaeffekt stammt aus nachwachsenden Rohstoffen: Dadurch, dass die Pflanzen das Treibhausgas bei ihrem Wuchs durch die Fotosynthese verbrauchten, wird jetzt beim Verbrennen wesentlich weniger als beim fossilen Diesel frei. Zudem ist HVO 100 auch bei anderen Umweltwerten weniger schädlich, beim Verbrennen werden weniger Stickoxide und Feinstaub frei. Pkw und Lkw sind aktuell für rund 95 Prozent der Treibhausgas-Emissionen im Verkehr verantwortlich, der Bereich stößt heute mehr aus als im Basisjahr 1990.

Wegen der besseren Klimabilanz müssen die Verbraucher keine CO₂-Steuer auf den neuen Diesel zahlen. Trotzdem wird die neue Alternative absehbar teurer bleiben, weil die Herstellung gegenüber dem herkömmlichen Diesel aufwendiger ist. Der ADAC schätzt, dass der Preis bis zu 20 Cent je Liter höher liegen wird. Zudem können nicht alle Kunden den neuen Kraftstoff tanken, nicht alle Motoren sind dafür geeignet.

Experten bezweifeln, dass sich HVO 100 durchsetzt

Tatsächlich klimafreundlicher wird die Alternative nur, wenn ihre Herstellung mit Erneuerbaren Energien erfolgte und beispielsweise auf Palmöl verzichtet wird. Denn die Palmölplantagen haben in Malaysia, Indonesien oder Nigeria oft Regenwälder verdrängt und damit große Mengen an Klimagasen freigesetzt.

Der Bundesverband Freier Tankstellen und unabhängiger deutscher Mineralölhändler fordert, die Kraftstoffsorte B5 abzuschaffen, die „nicht mehr relevant“ in Deutschland sei. Dadurch könnte eine Zapfsäule für HVO 100 frei werden. Denn jüngst wurde auch die Dieselsorte B10 zugelassen, die zehn Prozent Agrodiesel enthält.

Die gängigste Dieselsorte an den Zapfsäulen ist Diesel B7, dem sieben Prozent Agrodiesel beigemischt sind. Durchsetzen kann sich HVO 100 natürlich nur, wenn es auch Zapfsäulen dafür gibt. Gerade aber werden solche mit B10-Angeboten befüllt. Experten bezweifeln deshalb, dass sich HVO 100 großflächig durchsetzen wird. Für Tankstellen besteht keine Pflicht, die neue Kraftstoffsorte anzubieten. Außerdem seien die Rohstoffe zur Produktion des synthetischen Kraftstoffs nicht unbegrenzt vorhanden.

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