Dänemark hat einen Entwurf für ein neues Klimaschutzabkommen vorgelegt, doch das Gros der Entwicklungsländer ist entrüstet, auch G 77-Sprecher Di-Aping aus dem Sudan
Von
John Vidal/Dan Milmo, The GuardianThe Guardian
Der Entwurfsvorschlag für ein Post-Kyoto-Abkommen, das dem Guardian vorliegt, vergrößert die Kluft zwischen reichen und armen Ländern. Der Vorsitzende der G 77, der Sudanese Lumumba Di-Aping, nimmt kein Blatt vor den Mund: „Was da geplant ist, beraubt die Entwicklungsländer ihres gerechten Anteils an der Atmosphäre. Es ist ein Versuch, für die reichen und die armen Länder gleiche Maßstäbe anzusetzen.“
Der Entwurf für einen Vertrag, den Staatsoberhäupter wie Barack Obama und Gordon Brown zum Ende des Klimagipfels am 18. Dezember unterzeichnen sollen, war im Geheimen von einer Gruppe, die sich The Circle of Commitment nennt, wozu die USA und Dänemark gehören, ausgearbeitet worden. Der Leiter des UN-Klimarats, Yv
Übersetzung: Christine Käppeler
mber unterzeichnen sollen, war im Geheimen von einer Gruppe, die sich The Circle of Commitment nennt, wozu die USA und Dänemark gehören, ausgearbeitet worden. Der Leiter des UN-Klimarats, Yvo de Boer, sieht das Dokument weniger kritisch: „Es handelt sich um ein inoffizielles Papier, das einer Reihe von Leuten im Vorfeld der Konferenz beratend ausgehändigt worden war. Die einzigen offiziellen Papiere bei den Arbeitsabläufen der UN sind diejenigen, die auf Geheiß der Vorsitzenden der Konferenz in Kopenhagen eingebracht werden.“ Dennoch fühlen sich die Entwicklungsländer durch die Absichten betrogen, die hinter den Vorschlägen dieses Entwurfs erkennbar werden. „Dieser Text“ – so Di-Aping – „macht sowohl die Klima-Rahmenkonvention der UN als auch das Kyoto-Protokoll zunichte. Er zielt darauf ab, einen neuen Vertrag hervorzubringen, eine neue Gesetzesinitiative, welche die ursprüngliche Basis, wonach die ärmsten und die reichsten Länder unterschiedliche Verpflichtungen haben, verwirft.“Zehn Milliarden für den Süden Der bisherige Kyoto-Vertrag ist das einzige weltweit gültige Abkommen, das die reichen Länder gesetzlich dazu verpflichtet ihre Emissionen zu reduzieren. Di-Aping gehört zu den konsequentesten Politikern aus Afrika, er ist zugleich charmant und radikal. Was der Westen nicht begreife, sagt er, sei die tiefe Verletzung, wenn Klimaverhandlungen außerhalb der UN und damit jenseits des Forums geführt würden, in dem sich die armen Länder gleichberechtigt vertreten fühlten.Der bekannt gewordene Entwurf dürfte allein wegen der Reaktionen Chinas und Indiens mit großer Wahrscheinlichkeit zurückgezogen werden. Dass es ihn gibt, dürfte dem Wunsch der reichen Länder entsprechen, ihren Staatsoberhäupter einen vorhandenen Text zu präsentieren, wenn sie nächste Woche in Kopenhagen eintreffen. Das Dokument enthält kaum Zahlen, genaue Angaben lassen sich allerdings hinsichtlich des weltweiten Temperaturanstiegs finden, der auf zwei Grad Celsius beschränkt werden soll – nach Expertenangaben das notwendige Minimum. Relativ präzise sind auch Vorstellungen über Zahlungen an die armen Länder, die von 2012 an jährlich zehn Milliarden Dollar bekommen sollen, um die Folgen des Klimawandels zu bewältigen.Ein Schritt zurückDie Reaktion der G77 wird in Kopenhagen als übertrieben, aber im Kern richtig gedeutet. Dabei fiel die Kritik der Entwicklungshilfeorganisationen besonders vernichtend aus. Antonio Hill, Klimaberater von Oxfam International: „Mag sein, dass dies nur ein Entwurf ist, aber er zeigt sehr deutlich, dass die kleineren Länder den Schaden haben, wenn die großen zusammenkommen. Er empfiehlt eine Grüne Stiftung, die von einem Gremium geleitet werden soll, aber das Risiko, dass eine solche Stiftung von der Weltbank und der Global Environment Facility (Zusammenschluss von zehn Einrichtungen, darunter auch Weltbank und UN-Umweltprogramm) und nicht von den Vereinten Nationen geleitet wird, ist groß. Das wäre ein Schritt zurück, außerdem wird versucht, den Entwicklungsländern Emissions-Limite aufzuerlegen, über die bei früheren UN-Klimakonferenzen nicht verhandelt wurde.“Ein Sprecher der Entwicklungshilfeorganisation Cafod, die mit den ärmsten Ländern der Welt in enger Verbindung steht, sagte: „Dieses Dokument bringt ans Licht, welche Machenschaften des tendenziösen Gastgebers hinter den Kulissen stattfinden. Er ist kein unparteiischer Vermittler, sondern schlägt sich auf die Seite der Industriestaaten. Ein solches Dokument sollte es nicht geben dürfen. Es gibt einen offiziellen Text der UN, der die Grundlage der Verhandlungen darstellt. Der dänische Text untergräbt den soliden und kontinuierlichen Ansatz des UN-Prozesses.“Ende der Woche können die reichen Länder mit neuen Angriffen der Gruppe der afrikanischen Länder, der Gruppe der ärmsten Länder und der Gruppe der Inselstaaten rechnen. Jede von ihnen kann Pläne der Politiker aus den Industrie-Nationen durcheinanderbringen, die der Ansicht sind, dass dieser eine Vertrag wichtiger ist als das Verständnis für die ärmsten Länder. „Wir rufen die Bürger dazu auf, dass sie auf die Politiker äußersten Druck ausüben, damit sie zur Besinnung kommen“, appelliert Di-Aping.