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Politik : Irrwitzige Transportpläne

Am verstrahlten Ex-Forschungsreaktor Jülich lagern 152 Castoren. Die Atomwirtschaft will die heiße Fracht nun aus Kostengründen nach Ahaus verschieben

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In Billy Wilders Komödienklassiker „Manche mögen‘s heiß“ von 1959 gibt es eine Szene, in der Toni Curtis versucht, seine Angebetete Marylin Monroe in einem geliehenen Motorboot zum Rendezvous auf eine Jacht zu fahren. Leider weiß Curtis das Motorboot nicht zu bedienen und entschuldigt sich damit, dass dies ja nur „ein Versuchsmodell“ sei. „Vielleicht haben die ja was ganz Falsches versucht?“, fragt daraufhin Marylin Monroe.

Nun, in der Atomforschung geht es sicherlich nicht ganz so lustig zu als in „Manche mögen‘s heiß“. Aber auch in einem „heißen Meiler“ des 1956 gegründeten Atomforschungszentrum Jülich wurde offensichtlich ganze 21 Jahre lang „was ganz Falsches versucht“. Ebenso wie der 1989 stillgelegte Pannenmeiler THTR (Thorium-Hochtemperaturreaktor) in Hamm/Uentrop, wurde auch dieser 1967 in Betrieb gegangene Kugelhaufenreaktor, einer von drei ehemaligen Forschungsreaktoren in Jülich, über Jahre mit zu hohen Temperaturen gefahren.

In der Folge verstrahlten die etwa 300.000 mit Brennstoff gefüllten Graphitkugeln den Reaktorkern mit hohen Mengen radioaktiven Isotopen wie Cäsium-137 und Strontium-90. Noch heute befinden sich 198 der kugelförmigen Brennelemente, teilweise mit hoch angereichertem Uran, im Reaktorkern. Der gesamte Reaktordruckbehälter ist heute daher dermaßen radioaktiv kontaminiert, dass er nicht mehr zurückgebaut, das heißt wie andere Reaktoren zerlegt und in Behälter eingeschweißt werden kann.



Nur nach und nach kamen so die Tatsachen über Jülich ans Licht. Da mutete es fast schon als Sarkasmus an, dass die Jülicher Atomforscher ihr Jubiläum noch im September 2006 unter dem Titel „50 Jahre Zukunft“ feierten. Was aber für die Zukunft, das heißt für noch viele nachfolgende Generationen bleibt, ist ein sehr lange nicht rückbaubarer Reaktor, radioaktiv verseuchtes Erdreich und 152 Castoren mit den hochradioaktiven Brennelementekugeln, die derzeit noch in Jülich zwischenlagern.

Diese Castoren wollen die Betreiber von Jülich nun ins nordrhein-westfälische Zwischenlager Ahaus transportieren lassen. Die Rede ist bereits von mindestens achtzig LKW-Transporten über zwei Jahre. Diese geplante, gigantische und für die Allgemeinheit teure Verlagerung von einem Zwischenlager in ein anderes, ist, wie die Pannen-Geschichte des Jülicher Reaktors selbst, eine Geschichte der fortgesetzten Verantwortungslosigkeit der Atomwirtschaft samt ihres Forschungszweigs.

Röttgen in der Verantwortung



Denn der Bund hält 90 Prozent am Atomforschungszentrum Jülich, dessen Forschung aber in Zukunft nur noch dem Rückbau, dem Strahlenschutz und der sicheren Einlagerung dienen sollte. So muss die nach wie vor in Jülich betriebene Grundlagenforschung über das Störfallverhalten von Gaskühlsystemen bei dem sogenannten VHTR (Very High Temperature Reactor) der 4. Generation eingestellt und darf nicht mehr vom Bund und vom Land Nordrhein-Westfalen finanziert werden. Die Entwicklung dieser "heißen Reaktoren" würde 2030/40 abgeschlossen sein. Es ist einfach nicht hinnehmbar, dass die Jülicher Extremforscher mit Steuermitteln weiterhin ihr atomares Hochtemperatur-Experiment fortsetzen.

Übrigens: Am Ende tuckert Toni Curtis mit dem "Versuchsmodell" im verklemmten Rückwärtsgang zur Jacht. Einen solchen Rückwärtsgang in der Atompolitik allerdings, sollte uns Röttgen nach dem Atomdeal der Bundesregierung, seinem Zaudern und Zögern bei den Russland-Transporten und angesichts des wachsenden Widerstands in allen Bevölkerungsschichten diesmal bei Jülich von vorne herein ersparen.

Hans Christian Markert ist Sprecher für Umwelt-, Verbraucherschutz und Anti-Atompolitik der grünen Fraktion im nordrhein-westfälischen Landtag

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