In Kooperation mit Lübecker Museen

Ein Rundgang

Sieben ist die magische und strukturgebende Zahl des „Zauberbergs“. Entsprechend gliedert sich auch die Ausstellung in sieben Abschnitte, die den knapp 1000-seitigen Roman der Weltliteratur auf 250qm sichtbar, hörbar, fühlbar machen

Ausstellungsansicht
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Foto: Lucia Bartl / St. Annen-Museum

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100 Jahre „Der Zauberberg“: Fiebertraum und Höhenrausch

100 Jahre „Der Zauberberg“: Fiebertraum und Höhenrausch

Lübecker Museen


verschiedene Ausstellungen

im gesamten Museumsquartier St. Annen, Lübeck

In Kooperation mit Lübecker Museen

100 Jahre „Der Zauberberg“: Fiebertraum und Höhenrausch

Sieben ist die magische und strukturgebende Zahl des „Zauberbergs“. Entsprechend gliedert sich auch die Ausstellung in sieben Abschnitte, die den knapp 1000-seitigen Roman der Weltliteratur auf 250qm sichtbar, hörbar, fühlbar machen – nicht nachgebaut in Davoser Kurkulisse, sondern seinem philosophischen Gehalt gewidmet. Immer wieder neu und überraschend sind dabei die Interventionen der Gegenwart.

Am Anfang steht die Entstehungsgeschichte des Romans: Die Besuchenden erhalten einen Blick in das Arbeitszimmer von Thomas Mann und in die Fülle an Texten und Diskursen, die Thomas Mann im „Zauberberg“ verarbeitet hat, während sich zeitgleich die Welt radikal veränderte. Das lange 19. Jahrhundert endet mit dem Zivilisationsbruch des Ersten Weltkriegs, alte Ordnungen verschwinden, neue suchen sich zu etablieren. Zugleich schreitet die Technisierung in der medizinischen Diagnostik in Meilenstiefeln voran, von der auch der „Zauberberg“ erzählt. Gemeinsam mit Hans Castorp geht man auf die Reise in das Lungensanatorium Berghof. Von medizinhistorischen Objekten bis hin zur heutigen Smartwatch zeigen die Exponate, wie damals im Roman und heute Körperfunktionen gemessen und bewertet werden. Indem die Aufmerksamkeit ständig um die erfassten Körperdaten kreist, werden sie zu einem zentralen Lebensinhalt.

Neben Diagnostik und Körperkontrolle greift die Ausstellung das Thema der Behandlung auf. Der Mythos von der guten Luft der Schweizer Alpen wirkt heute als Heilmittel der Schwindsucht befremdlich, aber trotzdem erfreuen sich Luftgütesensoren reger Abnahme. Anhand von medizinischen Instrumenten und Heilgegenständen aus Vergangenheit und Gegenwart zeigt die Ausstellung, wie die Themen des Romans die Menschen damals und heute bewegen und führt die Aktualität des Textes buchstäblich vor Augen.

Das gilt ebenso für die vier Ausstellungsabschnitte, die Hans Castorps Innenleben gewidmet sind, seiner traumhaften Erkundung von den Wesensmerkmalen des Lebens. Dazu zählen Endlichkeit und Tod, Erotik und Begehren, gesellschaftliches Miteinander und Gewalt – und die Sehnsucht nach einem Sinn. Ein besonderer Fokus liegt auf dem erotischen Verlangen, das Hans Castorp im Sanatorium verweilen lässt und das sich kaum vom Eskapismus unserer Tage unterscheidet. Folgerichtig lädt ein übergroßes, organisch geformtes Sitzmöbel zum Verweilen ein. Umgeben von leicht psychedelischer Wandgrafik, in der sich Gliedmaßen umschlingen, fällt das Aufstehen schwer. Die Nahaufnahmen der Wandgestaltung mögen pornografisch anmuten, sind aber Close Ups antiker Plastiken.

Die im Roman deutlich herausgearbeiteten politischen Auseinandersetzungen der beiden Widersacher Naphta und Settembrini zeugen von der „großen Gereiztheit“ unserer Zeit. An die Stelle ausufernder Figurendialoge des Romans treten in der Ausstellung allerdings aktuelle Zitate. Die Gedankenwelten und Dispute der Figuren sind nicht von gestern, sondern von erschreckender Gegenwärtigkeit. Auch hier wird deutlich, wie sehr die Tonalität der politischen Agitatoren von damals der heutigen ähnelt.

Die Ausstellung endet wie der „Zauberberg“ mit Gewalt und Krieg. Am Schluss steht die Frage „Wird aus diesem Weltfest des Todes einmal die Liebe steigen?“ – und es ist an dem Publikum selbst, eine Antwort zu finden und diese im Ausstellungsraum zu entwickeln.

„Es war uns wichtig in unserer Jubiläumsausstellung zum Roman deutlich zu machen, worin die Modernität des Textes besteht, nämlich darin, sich Themen und Fragen zu widmen, die die Menschheit seit Anbeginn der Zeit beschäftigen. Der ‚Zauberberg‘ mag nun 100 Jahre alt sein, an seiner Frische und Relevanz hat er nichts verloren. Das wollten wir zum Ausdruck bringen. Natürlich mit dem Ziel, dass die Besucher:innen Lust bekommen, den Roman zu lesen oder wieder zu lesen.“ Dr. Caren Heuer, seit Februar 2024 Direktorin des Buddenbrookhauses

Die Zauberberg-Ausstellung des Buddenbrookhauses wird im St. Annen Museum Lübeck gezeigt, da das Buddenbrookhaus wegen Umbaus geschlossen ist. Die Ausstellung nutzt die Möglichkeit und bezieht sieben Stationen in der sakralen, mittelalterlichen Sammlung des St. Annen Museums als Zauberberg-Interventionen mit ein. Die ausgewählten Objekte – vom Epitaph bis zur trauernden Mutter Gottes – zeigen, dass Thomas Manns Roman „Der Zauberberg“ nicht nur in die Gegenwart, sondern auch in die Vergangenheit weist.

Zeitgleich zum Zauberberg eröffnet in der Kunsthalle St. Annen die Ausstellung „Extra Time“ der britischen Künstlerin Heather Phillipson, die sich dem Roman künstlerisch nähert. Mit raumgreifenden multimedialen Installationen verwandelt sie die Kunsthalle in ein begehbares Kunstwerk, durch das die Besuchenden traumwandeln können. Dabei bedient sie sich verschiedener Medien, von Videokunst über Skulptur und Musik bis hin zu Texten und Zeichnungen.

Articles & Services

Zur Ausstellung

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Die ab dem 14. September laufende Ausstellung „Thomas Manns Der Zauberberg. Fiebertraum und Höhenrausch“ des Buddenbrookhauses erzählt von den zentralen Themen und Konflikten des Romans: Tod und Leben, Begehren und Liebe, Krieg und Frieden

Das Begleitprogramm

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Das Veranstaltungsprogramm zum 100. Jubiläum des „Zauberbergs“ zieht sich durch das ganze Jahr. Es gibt Lesungen, Vorträge und Vermittlungsangebote die den Roman von Thomas Mann allen nahebringen soll

Rezensionen

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Stimmen aus dem Netz: „„Gemeinsam mit der Hauptfigur Hans Castorp gehen die Besucher in der Ausstellung im St.-Annen-Museum auf die Reise in ein Schweizer Lungensanatorium. Fieberthermometer und Röntgengeräte aus dem 20. Jahrhundert sind ausgestellt“

Der Zauberg | Ringvorlesung Lübeck

100 Jahre nach seinem Erscheinen steht Thomas Manns Roman "Der Zauberberg" im Zentrum einer öffentlichen Ringvorlesung in Lübeck. Hochkarätige Referierende schauen aus unterschiedlichen Blickwinkeln auf den Roman

100 Jahre Zauberberg | Podcast

Vorhang auf für Lübecks Museumsradio: Wir blicken für Euch hinter hinter die Kulissen der Ausstellung „100 Jahre der Zauberberg“. Denn 2024 steht im Zeichen des hundertjährigen Jubiläums von Thomas Manns international bekanntestem Roman

Lübecker Museen | Trailer

Der Lübeck Day Pass ist Ihre Tageskarte für sämtliche im Verbund der Lübecker Museen vereinten Museen, gültig für unbeschränkt viele Besuche am gewählten Tag. Beachten Sie, dass dieses Ticket persönlich ist und nicht übertragen werden darf

Das neue Buddenbrookhaus | Ein- & Ausblicke

Das Budddenbrookhaus wird umgebaut, erweitert und erhält eine neue Dauerausstellung. Wir nehmen Sie mit hinter die Kulissen. Die Museumsleiterin Dr. Birte Lipinski und die wissenschaftliche Projektkoordinatorin Dr. Caren Heuer erläutern die Pläne