Am 15. September 2024 wird der neue Lernort „Die Villa_ Forum für Erinnerungskultur und Zeitgeschichte“ im Museumsquartier Osnabrück eröffnet. Das Konzept der „Villa_“ hat bereits im Vorfeld für große öffentliche Aufmerksamkeit gesorgt, insbesondere durch eine Kontroverse um die Namensgebung. Das Programm der „Villa_“ zeigt, dass kritischer Dialog weiterhin Kern des Angebots im neuen Haus des MQ4 sein wird. Es werden kritische Fragen an die Gesellschaft gestellt und produktive Debatten gefördert.
Das Forum bietet eine breite Palette an Führungen und Workshops. Führungen thematisieren den „Nationalsozialismus in Osnabrück“, „Hans Georg Calmeyer“ oder die Geschichte der Familie Nussbaum. Workshops für Jugendliche ab 15 Jahren greifen die Geschichte des Hauses und die Ausstellungsthemen auf und behandeln unter anderem „Formen der Diskriminierung“, „Zivilcourage“ und „Verantwortung und Täterschaft“. Zusätzlich werden Stadtrundgänge zur nationalsozialistische Geschichte angeboten.
Die Annäherung an Themen wie Diskriminierung, Flucht und kulturelle Identität erfolgt nicht nur durch historische und politische Bildungsarbeit, sondern auch durch künstlerische Zugänge wie Literatur, Theater und Film. Die Reihe „Geschichte(n) erzählen“, eine Kooperation mit dem Literaturbüro Westniedersachsen und der Volkshochschule Osnabrück, widmet sich der Erinnerungskultur auf literarische Weise. Zeitgenössische Romane, die historische Ereignisse und persönliche sowie kollektive Erfahrungen verarbeiten, stehen im Mittelpunkt.
Mit der Vortragsreihe „Topografien des Terrors“ werden aktuelle Themen der Geschichtswissenschaft und Erinnerungskultur aufgenommen. Hier werden Aspekte der NS-Geschichte wie die Diktatur und die autoritäre Staatsführung sowie deren negativen Folgen für das offene und freie Leben von Gesellschaften thematisiert, aber auch die Erinnerungskultur. Der Blick über den Tellerrand, etwa auf die Diktatur in Chile oder Gespräche mit Vertretern des Anne-Frank-Hauses in Amsterdam, erweitert die Perspektive.
Zudem werden bei Fachvorträgen aktuelle gesellschaftliche Themen und Diskussionen aufgegriffen. Unter anderem werden Meron Mendel und Saba-Nur Cheema beim „Muslimisch-jüdischen Abendbrot“ über Identitätspolitik und den Nahostkonflikt sprechen.
Das „Forum Zeitgeschichte“ bietet Raum für Gespräche darüber, wie die jüngere Geschichte das gesellschaftliche Leben bis heute prägt. Erinnerungen der Zeitzeuginnen und Zeitzeugen der NS-Zeit werden weiterhin wachgehalten, wobei zunehmend die Nachkommen über das Leben ihrer Eltern berichten. Robert van Galen wird über das Leben seiner Mutter Ruth van Galen-Herrmann, einer „Calmeyer-Jüdin“, sprechen.
Unter dem Titel „We against silencing – Wir müssen über Widerstand sprechen.“ wird 2024 eine Veranstaltungsreihe durchgeführt, die Stimmen Gehör verschafft, denen lange in dominanzgesellschaftlichen Diskursen nicht zugehört wurde. Die Reihe thematisiert Akte des Widerstands gegen Systeme der Unterdrückung und Verfolgung. Widerstand ist vielfältig und kann laut oder leise, selbstermächtigend und von verschiedenen Emotionen wie Wut, Trauer, Hass oder Rachegefühlen sowie dem Wunsch nach sozialer Gerechtigkeit geleitet sein.