In Kooperation mit Kunstmuseum Bayreuth

Gesichter eines grausamen Krieges

Kunst und Kulturgut sind nicht nur Wertgegenstände – vielmehr sind sie Erinnerungen und Zeitzeugnisse, oft geknüpft an Rituale in der Familie oder Community. Diese Bilder zu wahren, bedeutet auch das kollektive Gedächtnis zu erhalten

Porträt von Serhiy Mikheev aus der Serie „Faces of War“ von Alexander Chekmenev (Infos s. Text)
Porträt von Serhiy Mikheev aus der Serie „Faces of War“ von Alexander Chekmenev (Infos s. Text)

Foto: © Alexander Chekmenev

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DONBASS – Fotografische Erinnerungen ab 1994

DONBASS – Fotografische Erinnerungen ab 1994

Alexander Chekmenev

Kunstmuseum Bayreuth

Vom 10. März bis 9. Juni 2024

In Kooperation mit Kunstmuseum Bayreuth

DONBASS – Fotografische Erinnerungen ab 1994

Großartige Fotografien, die die Menschen ins Licht rücken, die sonst unbemerkt bleiben und in Vergessenheit geraten.

Die Ausstellung DONBASS – Fotografische Erinnerungen ab 1994 ist nicht nur die erste Ausstellung mit Werken Alexander Chekmenievs in Bayreuth. Sie zeigt Werke, die auf Grund des Krieges in der Ukraine in Sicherheit gebracht werden mussten.

Und so erzählt sie nicht nur vom Leben und Arbeiten im Gebiet des Donbas der 1990er Jahre – sondern – sie zeigt auch wie wichtig vorausschauendes und agiles Handeln in unruhigen Zeiten sein kann und welchen Verlust es bedeuten kann, wenn Erinnerungsträger, wie Fotografien und anderes Kulturgut unwiederbringlich zerstört wird.

Diese Ausstellung erzählt unterschiedliche Geschichten: Etwa vom Aufbruch eine Gesellschaft in einer Grenzregion, von Träumen, von der harten Arbeit unter Tage in den illegalen Steinkohleminen und der Bedeutung der Steinkohle für das Leben in weiten Teilen des DONBAS.

Über die Hälfte der ausgestellten Fotografien wird im Zuge der Ausstellung nun zum allerersten Mal ausgestellt. Möglich gemacht wurde dies durch die Kooperation mit MOKSOP- das Museum für Kharkiver Fotografie.

MOKSOP

Das Museum der Kharkiver Schule der Fotografie – kurz MOKSOP – wurde 2018 in Kharkiv durch den Kurator und Fotografen Sergiy Lebedinskyy gegründet.

Die Sammlung umfasst 5.000 Fotografien und über 70.000 Negative der Charkiwer Schule der Fotografie -einer Bewegung, deren Vertreter und Vertreterinnen seit Ende der 1960er-Jahre fotografisch künstlerisch experimentierten und eine Art Antihaltung zur offiziellen Fotografie sowjetischer Prägung darstellte. Sein wohl bekanntester Vertreter ist Boris Mikhailov (bekannt u.a. für die Fotoserie „If I were a German…“)

In Sammlung des Museums der Kharkiver Schule der Fotografie finden sich über 300 Fotografien von Alexander Chekmeniev.

Einige Wochen nach Beginn des russischen Angriffskrieges 2022 evakuierte das Museum MOKSOP seine Sammlung und brachte sie in einer Nacht und Nebelaktion an sichere Orte in Europa.

Ohne diese Entscheidung wäre die Sammlung verloren, zerstört, verbrannt oder verschleppt und geraubt worden. Das Gebäude des Museums wurde weiterhin von Künstlerinnen und Künstlern genutzt – auch um ein Vakuum zu vermeiden, das Plünderung, Vandalismus, Zerstörung und schlimmeres eine Gelegenheit hätte bieten können.

Sehiy Mikheev

geboren 1955. Yahidne, Region Tschernihiw. (Foto oben)

Serhiy und seine Familie zogen 1966 nach Yahidne und begannen zwei Jahre später ein Haus zu bauen. Die ersten beiden Tage, nachdem die russischen Besetzer in das Dorf eingedrungen sind, versteckten sich Serhiy und seine Familie vor dem Beschuss im Keller. Später schlossen russische Soldaten sie in den Keller der Schule und drohten ihnen mit Sturmgewehren. Sie wurden geschlagen, nicht mit Gewehrkolben, sondern mit Gewehrläufen, und trugen die Verletzungen an den inneren Organen davon berichtete Serhiy. Hätten sie keine zwei Paar Steppjacken getragen, wären sie erstochen worden.

„Es befanden sich 19 Personen in einem kleinen Raum ohne Fenster, Licht oder Heizung, unter ihnen neun Kinder, das jüngste nur zweieinhalb Monate alt! Neben Windeln und vier Packungen Babynahrung bekamen wir Honig in wächsernen Honigwarben in die Hände. Später machten wir Kerzen aus dem Wachs um den Kindern etwas von ihrer Angst zu nehmen. Wir überlebten alle. Es ist unmöglich 27 Tage voller Albträume und Missbrauch in einer Kurznotiz zu beschreiben. Heut bleibt von dem Haus nur der Keller.“

Articles & Services

Fotografische Erinnerungen

Fotografische Erinnerungen

Für „Passport“ (1995) verwendete Alexander Chekmeniev einige der damals extrem wertvollen Farbfotofilme. Sie waren selten in den 1990er Jahren – insbesondere im Gebiet des Donbas. Es sind auch diese Details, die die Ausstellung so wertvoll machen

Chronist des Lebens in der Ukraine

Chronist des Lebens in der Ukraine

Die Fotografien der Serie „Donbas“ entstanden in den 1990er Jahren. Sie sind fotografische Erinnerungen an den Aufbruch eine Gesellschaft, von ihren Träumen, von harter Arbeit unter Tage – und wirken dabei heute wie Mahnmale

Bilder gegen das Vergessen

Bilder gegen das Vergessen

Stimmen aus dem Netz: „In seinen ikonisch anmutenden Porträtfotografien taucht Chekmenev die Gesichter in ein sanftes Licht. Die Umgebung versinkt in diffusem Schatten. Für Chekmenev zeugen die Fotografien von Wirklichkeit, Ereignissen und Menschen.“

Kunstmuseum Bayreuth | Eröffnung

Die Ausstellung zeigt Fotografien von Alexander Chekmenev. Er ist Fotograf und lebt in der Ukraine. Die Fotografien aus der Reihe „DONBASS“ von Alexander Chekmenev sind schwarz-weiß und zeigen die Menschen in der Region Donbass

Passport | Alexander Chekmenev

Alexander Chekmeniev verwendete für die Serie „Passport“, die um 1995 entstand, einige der damals sehr wertvollen Farbfotofilme. Sie waren selten in den 1990er Jahren. Grund ist die wirtschaftliche Krise nach dem Zerfall der Sowjetunion

Blackbox Ukraine | Arte

„Blackbox Ukraine: Kampf um die Geschichte“ begibt sich auf eine Spurensuche zu den Schlüsselmomenten ukrainischer Geschichtsschreibung und deckt auf, wie es zu einem der blutigsten Kriege in Europa seit 1945 kommen konnte

Donbass: Leben auf verbrannter Erde | Arte

Im Herzen des Donbass ist es Irina Semenovich gelungen, der Überwachung durch die Behörden zu entgehen, um Moskaus Zugriff auf eine Region zu filmen, in der die pro-russische Minderheit versucht, den Anschein eines normalen Lebens wiederherzustellen