Eine Ausstellung der Gedenkstätte Deutscher Widerstand anlässlich des 80. Jahrestags des Umsturzversuchs vom 20. Juli 1944
Der Widerstand von Frauen gegen die nationalsozialistische Diktatur war vielfältig, risikoreich und mutig. Dennoch ist er nach 1945 über Jahrzehnte in der deutschen Öffentlichkeit nicht oder nur unzureichend beachtet worden. Der Deutsche Bundestag hat darum 2019 „den Mut und die Leistungen der Frauen im Widerstand gegen die nationalsozialistische Diktatur“ ausdrücklich anerkannt und gewürdigt. Er beschloss, ein Projekt der Stiftung Gedenkstätte Deutscher Widerstand zur weiteren Erforschung des Themas und eine Ausstellung zu fördern.
Diese Ausstellung stellt die Ergebnisse vor. Im Zentrum stehen Lebensbilder von Widerstandskämpferinnen. Sie zeigen die gesamte soziale Breite und weltanschauliche Vielfalt des Widerstands gegen das NS-Regime. Zugleich wird erstmals eine Vielzahl von Frauen gewürdigt, die wegen ihres Widerstands von der nationalsozialistischen Unrechtsjustiz verfolgt worden sind.
Während einzelne Frauen bereits in der Weimarer Republik vor dem erstarkenden Nationalsozialismus warnen, finden andere nach 1933 oder während der Kriegsjahre ihren Weg in den Widerstand und widersetzen sich dem nationalsozialistischen Unrechtsstaat.
Die 21-jährige Berlinerin Hildegard Loewy wird am 4. März 1943 in der Hinrichtungsstätte Plötzensee ermordet. Als Jüdin ist sie der nationalsozialistischen Verfolgung ausgesetzt und engagiert sich gegen die antisemitische NS-Politik und den Krieg. Sie beteiligt sich an Flugblattaktionen, stellt ihre Wohnung für geheime Treffen zur Verfügung und unterstützt die Aktionen der kommunistisch-zionistischen Widerstandsgruppe um Herbert Baum und Heinz Joachim gegen die antisowjetische Propagandaausstellung „Das Sowjetparadies“. Im Juli 1942 wird Hildegard Loewy festgenommen und während der folgenden Verhöre schwer misshandelt. Sie unternimmt einen Fluchtversuch aus dem Gefängnis Moabit in Berlin, der jedoch scheitert. Der „Volksgerichtshof“ verurteilt sie wegen ihrer Widerstandsaktivitäten zum Tode.
Maria Terwiel gehört den Berliner Widerstandskreisen an, gegen die die Gestapo im Sommer 1942 unter dem Sammelnamen „Rote Kapelle“ ermittelt. Gemeinsam mit ihrem Verlobten Helmut Himpel unterstützt sie verfolgte Jüdinnen und Juden. 1939/40 nehmen beide Kontakt zum Kreis der Roten Kapelle um Harro Schulze-Boysen auf und wirken an den Aktionen der Widerstandsgruppe mit. So vervielfältigt Maria Terwiel 1941 die Predigten des Münsteraner Bischofs Clemens August Graf von Galen sowie 1942 das Flugblatt „Die Sorge um Deutschlands Zukunft geht durch das Volk“ von Harro Schulze-Boysen und John Sieg. Im Mai 1942 bringt sie Klebezettel gegen die antisowjetische Propagandaausstellung „Das Sowjetparadies“ an. Maria Terwiel wird Mitte September 1942 festgenommen, im Januar 1943 vom Reichskriegsgericht zum Tode verurteilt und am 5. August 1943 in Berlin-Plötzensee ermordet.
Dies sind zwei von 32 Frauen, die die Ausstellung in 23 thematischen Einheiten exemplarisch präsentiert. Eine Medienstation ermöglicht den Zugang zu vielen weiteren Biografien, die mit Fotos, Dokumenten und erläuternden Texten einen vertiefenden Einblick bieten. Ein raumübergreifendes Porträtband an den Wänden erinnert beispielhaft an die mehr als 250 Frauen, die auf diese Weise in der Ausstellung gewürdigt werden. Sie alle nutzten jene Möglichkeiten, die es unter den Bedingungen der Diktatur für Mitmenschlichkeit und politisches Handeln noch gab. Zugleich wird mit den Lebensbildern der Frauen deutlich, mit welcher Härte das NS-Regime gegen die Widerstandskämpferinnen vorgegangen ist.
Die Ausstellung wurde gemeinsam von Ursula Wilms, Architektin BDA, Aachen | Berlin, und dem Designbüro Braun Engels Gestaltung, Ulm (Projektbetreuung: Michaela Gleinser, Berlin) gestaltet.
Im Rahmen des Projekts „Frauen im Widerstand gegen den Nationalsozialismus“, das finanziell von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien gefördert wird, hat ein Team von fünf Wissenschaftlerinnen unter der Leitung von Prof. Dr. Johannes Tuchel in den vergangen vier Jahren an der Gedenkstätte Deutscher Widerstand mehrere Tausend Frauen namentlich recherchiert, die Widerstand gegen den Nationalsozialismus im Deutschen Reich und im ausländischen Exil geleistet haben, und die Ausstellung kuratiert.
Die Ausstellung ist vom 10. Juli bis 3. November 2024 in der Gedenkstätte Deutscher Widerstand (Stauffenbergstraße 13-14, 10785 Berlin) zu sehen.
Öffnungszeiten
Montag bis Freitag 9 bis 18 Uhr
Sonnabend, Sonntag und an Feiertagen 10 bis 18 Uhr