Was ist die drängendste Aufgabe für Deutschland um Umgang mit China?
Deutschland muss seine Handlungsfähigkeit zurückerlangen. Das gilt im Inland wie in der Außenpolitik. Im Umgang mit China ist dafür ein tieferes Verständnis der chinesischen Denkweise nötig. Wir brauchen nicht weniger, sondern mehr China.
Wie würdet ihr das China-Dilemma in einem Satz beschreiben?
Kein anderes europäisches Land hat von Chinas wirtschaftlichem Aufstieg so profitiert wie Deutschland. Aus dieser großen Chance ist eine Abhängigkeit entstanden – bis hin zur Erpessbarkeit. Okay, das waren zwei und die sind natürlich sehr verkürzt. Aber deshalb haben wir ja das Buch geschrieben.
Was sollte China für Deutschland sein: Partner oder Rivale?
China als systemischen Rivalen zu verteufeln, wird nur wenig bringen, ebenso wenig darauf zu hoffen, dass die KP-Führung ein verlässlicher Partner wird. Vielmehr ist China ein knallharter Wettbewerber geworden. Wir müssen alle Anstrengungen mobilisieren, um Deutschland und Europa technisch, infrastrukturell und geopolitisch wieder nach vorne zu bringen. Dazu gehört auch eine umfassende Industriepolitik.
Was müsste der erste Schritt zur Lösung des China-Dilemmas sein?
Das China-Dilemma ist kein Einzelproblem, sondern steht im Zentrum eines Geflechts von Veränderungen: China hat technisch aufgeholt, Europa ist zurückgefallen. Deutschland und die EU müssen anfangen, ganzheitlich zu handeln, mit einer langfristigen Strategie, und vor allem müssen wir die Herausforderung annehmen.
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Felix Lee, geb. 1975 in Wolfsburg, studierte Soziologie, Volkswirtschaft und Politik und absolvierte die Berliner Journalistenschule. Von 2003 bis 2022 arbeitete er als Wirtschafts- und Politikredakteur der taz. Ab 2010 war er neun Jahre China-Korrespondent in Peking. Er arbeitete für Table Media, bevor er Redakteur bei Süddeutsche Zeitung Dossier wurde. Sein Buch »China, mein Vater und ich« wurde zum Spiegel-Bestseller, gewann den Deutschen Wirtschaftsbuchpreis 2023 und war ein Jahr lang unter den Top 10 des manager magazin. Er lebt in Berlin.
Finn Mayer-Kuckuk, geb. 1974 in Bonn, ist Wirtschaftsjournalist. Er hat Sinologie und Japanologie studiert und besuchte die Holtzbrinck-Journalistenschule. Von 2006 bis 2019 war er Korrespondent u.a. für das Handelsblatt in Ostasien, zunächst in Tokio, dann in Peking. Er leitete das Ressort „China“ bei Table Media und ist Redaktionsleiter bei Süddeutsche Zeitung Dossier. Er lebt in Berlin.