Mehr als 90% der Brandenburgerinnen und Brandenburger stehen zur Idee der Demokratie. Mit ihrer Ausgestaltung sind aber weniger als die Hälfte zufrieden [1]. Nur noch 30 Prozent haben Vertrauen in die Landesregierung, 29 Prozent in den Landtag [2], Dieser Trend ist nicht neu. Was aber tun?
„Mischen Sie sich ein in unsere Demokratie! Machen Sie mit!“ - Politische Sonntagsreden zur Demokratie leben von Appellen wie diesen. Selbstverständlich lebt die Demokratie von guter Beteiligung. Doch Beteiligung kann nicht gelingen, wenn die Instrumente ungenügend sind. Für Brandenburg heißt das zum Beispiel: Im Volksentscheid-Ranking von Mehr Demokratie e. V., in dem die Bedingungen für direkte Demokratie verglichen werden, liegt das Land auf Platz 14 von 16. Direkte und verbindliche Mitsprache ist so nur schwer möglich.
Deshalb braucht Brandenburg ein Demokratie-Update. Denn wer gefragt wird, wendet sich weniger ab. Eine Maßnahme gegen Frustration und fehlendes Vertrauen in die brandenburgische Politik könnte darin bestehen, den Menschen auch die Zugänge und Mittel an die Hand zu geben werden, um sich effektiv einmischen zu können. Oder Beteiligung strukturell so aufzustellen, damit sie nicht sporadisch stattfindet, ins Leere läuft oder eine einmalige Sache bleibt.
Eine zivilgesellschaftliche Initiative aus Brandenburg hat deshalb einen Aufruf gestartet und fordert ein Demokratie-Update für Brandenburg unterschreiben. Der Aufruf kann noch bis Ende September unterschrieben werden.
Beteiligung muss politisch gewollt sein, ernst genommen und gefördert werden. Nur dann kann sie gute Ergebnisse produzieren und ihre Versprechen halten. Die gute Nachricht: Es gibt gelungene Beteiligung. So zum Beispiel in der Gemeinde Nuthetal, wo nach einer Bürgerbudget-Abstimmung ein Jugend-Pavillon gebaut werden soll. Verwaltung, Politik und Jugendliche sitzen an einem Tisch und entscheiden auf Augenhöhe über den Standort des Pavillons. Das ist gelebte Demokratie – und mehr als 40 Prozent der Brandenburgerinnen und Brandenburger leben in Gemeinden mit Bürgerbudgets. Doch dafür braucht es Ressourcen, Zeit und Unterstützung.
Die Landesregierung aus SPD, CDU und Bündnis 90 / Die Grünen hatte sich eine bessere Beteiligungskultur auf die Fahnen geschrieben. Am Ende dieser fünf Jahre Kenia-Koalition hängen die Fahnen jedoch auf Halbmast. Eine strukturelle Förderung von Beteiligung ist nicht erkennbar. Wichtige Vorhaben wie die Einführung eines Transparenzgesetzes wurden nicht umgesetzt. Eklatante Mängel, wie die fehlende freie Unterschriftensammlung bei Volksbegehren, blieben bestehen. Auf ihrer Habenseite hat die Landesregierung eine Beteiligungsstrategie, die mindestens stark ausbaufähig ist.
Mit dem Aufruf „Vertrauen stärken, Beteiligung ausbauen - Gute Demokratie für ein starkes Brandenburg“ fordern fordern Mehr Demokratie e. V., mitMachen e. V., openPetition, der BUND Brandenburg und 18 weitere Organisationen die zukünftige Landesregierung und den Landtag auf, die Demokratie auszubauen: für den systematischen Ausbau von Beteiligung, ein Transparenzgesetz, die Weiterentwicklung der direkten Demokratie und ein Demokratiefördergesetz.
Über die einzelnen Forderungen und die Bedeutung der Demokratie-Reformen sprechen Marie Jünemann (Mehr Demokratie) und Kay-Uwe Kärsten (mitMachen) in der aktuellen Folge des Podcasts „politikverschossen“.
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1 Decker, Oliver / Kiess, Johannes / Brähler, Elmar, Autoritäre Dynamiken und die Unzufriedenheit mit der Demokratie ( EFBI Policy Paper 2023-2, Universität Leipzig), online unter: https://efbi.de/files/efbi/pdfs/Policy%20Paper/2023_2_Policy%20Paper.pdf.
2 pmg policy matters GmbH, Brandenburg-Monitor 2022. Studie im Auftrag der Staatskanzlei des Landes Brandenburg, https://www.brandenburg.de/media/bb1.a.3833.de/221108%20Pr%C3%A4sentation%20BB-Monitor.pdf.