Begonnen hat meine Idee einen Film über Maria Lassnig zu machen mit ihren Bildern natürlich. Mit den Farben. Ich liebe die Farben in Maria Lassnigs Bildern. Ich stand immer wieder im Museum vor ihren Bildern und wurde tief inspiriert. Vom innerlichen Ausdruck der Sehnsucht, der gründlichen Gefühle, der Unergründbarkeit des Lebens, der in ihren Bildern steckt. Manchmal bin ich zweimal in eine Ausstellung gegangen um dieses Gefühl wieder zu kriegen. Manchmal dreimal. Manchmal bin ich ihren Bildern nachgefahren.
Es gibt Schmerzfarben und Qualfarben, Nervenstrangfarben, Druck- und Völlefarben, Streck- und Pressfarben, Höhlungs- und Wölbungsfarben, Quetsch- und Brandfarben, Todes- und Verwesungsfarben, Krebsangstfarben – das sind Wirklichkeitsfarben. (aus dem Tagebuch von Maria Lassnig)
Und dann liebe ich die Idee davon, dass diese Maria Lassnig jeden Tag in ihr Atelier gegangen ist und sich dem Bewusstseinsstrom der Kreativität verantwortet hat. Sich erspürt hat. Sie hat gesucht, nach der Entsprechung eines Gefühls in einer Farbe. Ich liebe dieses Leben in der Kunst, dieses unbedingte Wollen. Ihre Tage im Atelier. Die Stille. Ich liebe auch ihr Fragen, ihre Zweifel, ihre Veräußerungen ihrer selbst.
Ein Bild zurechtschmerzen.
Ich mag auch die Geschichte, dass Maria Lassnig am Ende den männlichen Kunstmarkt erobert hat, einfach pur als Künstlerin. Als der späte Erfolg bei ihr eingetreten ist, war es ihr zu spät und sie konnte nicht mehr glücklich darüber sein. Sie war von Prinzip her enttäuscht. Ihre Sehnsucht nach diesem Erfolg aber trieb sie durch ihr Leben, wie sie sie durch diesen Film treibt. Als einsame Kämpferin. Ich finde es wichtig, diese feministische Erfolgsgeschichte zu verfilmen.
Ich denke über das Filmemachen nach, während ich Filme mache. In diesem Fall: das Biopic offenlegen, das ja immer nur einen Ausschnitt zeigen kann, immer eine Interpretation der Biografin bleibt. Meine Antwort: radikal werden. Das hilft sowieso meistens. Radikal im Ansatz und in der Durchführung. Und dabei einen weichen Film herausplumpsen sehen.
Ich hab die Jahre nie gezählt. Ich war nie jung, deswegen bin ich jetzt auch nicht alt.
Ich mag die Idee davon, dass unsere Seele immer gleich bleibt und sich durch die Zeiten und Ereignisse schlängelt. Sagen wir, dass sie sich dadurch formt. Sich abreibt, etwas abholt, wächst. Im Inneren. Der ganze Film und alle Menschen in ihm tun immer so, als wäre das alles völlig normal. Der Humor dieser Idee kann sich dadurch zur Gänze entfalten, denke ich. Maria Lassnig war ja auch voll von Humor. Wie in der Szene, wo sie sich beim Akquirierungs – Besuch von Sammlern extra schlampig anzieht, um ärmer zu wirken und dadurch höhere Preise zu erwirken. Sie war gnadenlos. Ich liebe diese ambivalenten Geschichten, die mir ihre MitarbeiterInnen oder KuratorInnen erzählt haben, im Laufe meiner langen Recherche. Ich liebe diese Geschichten, weil sie so menschlich sind.
Ich liebe auch die Stille, in die sie sich begeben hat. Ich denk an die Töne, die man dann doch hört. Die Worte aus ihrem Tagebuch, Zeugnisse einer inneren Suche nach der richtigen Kunst. Für den Film: Was bedeutet das für filmische Möglichkeiten, wenn die portraitierte Person durchgehend gleich aussieht, völlig unabhängig davon, wo sie in der Realität steht? Oder, in Lassnigs Sprache: wie fühlt sich das an?
Dieser Film hat diese eigene Filmsprache, um über Maria Lassnig etwas zu sagen, ohne es zu sagen. Er entwickelt dieses Eigenleben, das aus der Kombination der Idee mit all unseren filmischen Strategien, der Ausstattung (Martin Reiter mit Andreas Ertl), dem Licht (Dominik Danner), dem Schnitt (Joana Scrinzi), dem Sound Design (Veronika Hlawatsch), der Musik (Bernhard Fleischmann) herauswächst. Anhand dieser radikalen Person. Ich mag wie Maria Lassnig sich die Hölle auf Erden selbst erschaffen hat – und in ihr lauter knallige Bilder.