Politik
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Uber-Files: Whistleblower bringt dubiose und illegale Methoden von Uber ans Licht
Der Fahrtdienstleister Uber brach beim Aufbau seines Imperiums Gesetze, vereitelte Nachforschungen der Polizei und versuchte heimlich, Regierungen durch Lobbyarbeit zu beeinflussen
Von
Harry Davies, Simon Goodley, Felicity Lawrence, Paul Lewis und Lisa O'CarrollThe Guardian
Uber-Zentrale in San Francisco:
Foto: Justin Sullivan/Getty Images
Der britischen Zeitung The Guardian wurden mehr als 124.000 vertrauliche Dokumente aus der Zeit von 2013 bis 2017 zugespielt.
Die Dateien belegen Lobby-Versuche beim damaligen US-Vizepräsidenten Joe Biden, Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz und dem Kanzler der britischen Regierung unter David Cameron, George Osborne.
In Frankreich unterstützte der derzeitige französische Präsident Emmanuel Macron heimlich Ubers Lobbyarbeit.
Texte zeigen auch, dass das Unternehmen während Razzien einen „Kill Switch“-Abschaltknopf nutzte, um zu verhindern, dass die Polizei bestimmte Daten einsehen konnte.
rt Erfolg“.Eine Fundgrube durchgesickerter vertraulicher Dokumente erzählt die Insider-Geschichte der aggressiven globalen Expansion des Tech-Giganten Uber, der in vielen Ländern die Vermittlung von Personenbeförderung anbietet. Das Unternehmen missachtete Gesetze, täuschte die Polizei, nutzte Gewalt gegen Fahrer aus und versuchte heimlich durch Lobbyarbeit Regierungen zu beeinflussen. Das beispiellose Leak an den Guardian von mehr als 124.000 Dokumenten – die Uber Files – legt die ethisch fragwürdigen Methoden offen, durch die das Unternehmen zu einem der bekanntesten Exporte aus dem High-Tech-Standort Silicon Valley wurde.Das durchgesickerte Material stammt aus einem Zeitraum von fünf Jahren, in denen Uber von seinem Mitbegründer Travis Kalanick geleitet wurde. Kalanick versuchte damals, den Taxidienst in Städten auf der ganzen Welt zu etablieren, auch wenn das bedeutete, gegen Gesetze und Taxivorschriften zu verstoßen.Die Unterlagen zeigen, wie Uber sich inmitten heftiger Gegenreaktionen weltweit versuchte, durch diskrete Umwerbung von Premierministern, Präsidenten, Milliardären, Oligarchen und Medienbaronen Unterstützung zu sichern.Gleichzeitig machten sich leitende Uber-Mitarbeiter offenbar keine Illusionen über Gesetzesbrüche des Unternehmens. Eine Führungskraft witzelte, man sei zu „Piraten“ geworden und eine andere räumte ein: „Wir sind einfach total illegal.“Der Dateienspeicher, der von 2013 bis 2017 reicht, enthält mehr als 83.000 Emails, iMessages und WhatsApp-Nachrichten, darunter häufig offene und unverblümte Unterhaltungen zwischen Kalanick und seinem Top-Führungsteam.In einer Unterhaltung wies Kalanick die Bedenken anderer Führungskräfte zurück, die Entsendung von Uber-Fahrer:innen zu einer Demonstration in Frankreich setze sie der Gefahr von Gewalt durch wütende Gegner aus dem Taxigewerbe aus. „Ich glaube, das ist es wert“, widersprach er. „Gewalt garantiert Erfolg.“ In einem Statement sagte Kalanicks Sprecherin, er „habe nie vorgeschlagen, dass Uber Vorteile aus Gewalt auf Kosten der Sicherheit der Fahrer:innen ziehen sollte“. Jede Andeutung, er sei in so etwas verwickelt, sei komplett falsch.Das geleakte Material enthält auch SMS zwischen Kalanick und dem derzeitigen französischen Präsidenten Emmanuel Macron. Damals noch Wirtschaftsminister unterstützte er Uber heimlich und räumte dem Unternehmen häufig und direkten Zugang zu sich und seinen Mitarbeitern ein.Macron scheint sich außergewöhnlich viel Mühe gegeben zu haben, um Uber zu helfen, und teilte dem Unternehmen sogar mit, er habe einen geheimen "Deal" mit seinen Gegnern in der französischen Regierung ausgehandelt. Privat drückten Uber-Führungskräfte kaum verhüllte Geringschätzung gegenüber anderen gewählten Politikern aus, die sich weniger empfänglich für das Geschäftsmodell das Uber-Unternehmens zeigten.Olaf Scholz von Uber als „richtiger Komiker“ bezeichnetBundeskanzler Olaf Scholz wehrte sich damals noch als Bürgermeister von Hamburg gegen die Lobbyisten von Uber und bestand darauf, den Fahrern einen Mindestlohn zu zahlen. Ein leitender Uber-Angestellter bezeichnete ihn seinen Kollegen gegenüber als „a real comedian“ – „richtigen Komiker“.Als der damalige US-Vizepräsident Joe Biden, der ein Uber-Unterstützer war, und beim Weltwirtschaftsgipfel in Davos zu spät zu einem Treffen mit dem Unternehmen erschien, schrieb Kalanick per SMS an einen Kollegen: „Ich habe ihn durch meine Leute wissen lassen, dass jede Minute, die er zu spät ist, von der Zeit mit mir abgeht.“Nach dem Treffen mit Kalanick scheint Biden seiner vorbereiteten Rede in Davos einen Hinweis auf einen CEO hinzugefügt zu haben, dessen Unternehmen Millionen von Menschen „die Freiheit geben würde, so viele Stunden zu arbeiten, wie sie wollen, und ihr Leben zu organisieren, wie sie es wünschen”.Der Guardian leitete eine globale Untersuchung der Uber Files, indem er die Dateien über das Internationale Netzwerk investigativer Journalisten (ICIJ) mit internationalen Medien teilte. Mehr als 180 Journalist:innen von 40 Medien, darunter Le Monde, Washington Post und die BBC, veröffentlichen dieser Tage investigative Berichte über den Tech-Giganten.In Reaktion auf das Leak räumte Uber in einem Statement „Fehler und falsche Schritte“ ein. Das Unternehmen habe aber seit 2017 unter der Leitung des derzeitigen CEO Dara Khosrowshahi eine große Veränderung durchgemacht. „Wir haben und werden uns nicht wegen unseres früheren Verhaltens herausreden, das eindeutig nicht mit unseren heutigen Werten übereinstimmt. Stattdessen bitten wir die Öffentlichkeit, uns danach zu beurteilen, was wir in den vergangenen fünf Jahren getan haben und in den nächsten Jahren tun werden.“Laut Kalanicks Sprecherin wurden Ubers Expansionsinitiativen „von über hundert Führungskräften in dutzenden Ländern auf der ganzen Welt vorangetrieben. Das sei die ganze Zeit über unter der direkten Aufsicht und mit der vollen Billigung von Ubers zuverlässigen Teams für Rechtsfragen, Unternehmenspolitik und Einhaltung der Vorschriften geschehen.“„Das Chaos begrüßen“Die geleakten Dokumente enthüllen, mit welchen Methoden Uber die Grundsteine seines Geschäftsimperiums legte. Der Fahrtdienstleister ist eine der größten Arbeitsplattformen der Welt und bei täglich rund 19 Millionen Fahrten derzeit 43 Milliarden US-Dollar (42,2 Milliarden Euro) wert.Die Dateien decken Uber-Operationen in 40 Ländern während der Zeit ab, in der das Unternehmen zum globalen Giganten aufstieg, indem es Bulldozer-artig seinen Taxidienst in vielen der Städte etablierte, in denen es heute noch präsent ist.Mit einer beispiellosen Venture-Kapital-Finanzierung bot Uber von Moskau bis Johannesburg stark subventionierte Fahrten an. Dabei verführte das Unternehmen Fahrer:innen ebenso wie Passagiere mit Anreizen und Preismodellen zur Nutzung der App, die nicht nachhaltig waren.Uber unterbot die etablierten Taximärkte und übte Druck auf Regierungen aus, Gesetze zu ändern, um den Weg für ein App-basiertes Beschäftigungsmodell der Gig Economy zu ebnen, das sich seitdem weltweit verbreitet hat. Um den heftigen Widerstand gegen das Unternehmen zu überwinden und Änderungen der Taxi- und Arbeitsgesetze durchzusetzen, plante Uber laut einem der Dokumente, 2016 außerordentliche 90 Millionen Dollar (89,6 Millionen Euro) für Lobby- und Öffentlichkeitsarbeit auszugeben. Dabei war es häufig Ubers Strategie, sich über die Köpfe von Bürgermeister:innen und Transportbehörden hinweg direkt an den Sitz der Macht zu wenden.Abgesehen von dem Gespräch mit Biden in Davos, trafen Uber-Führungskräfte sich persönlich mit Macron, dem irischen Premierminister Enda Kenny, dem israelischen Premierminister Benjamin Netanjahu und George Osborne, dem damaligen britischen Kanzler. Eine Notiz zu dem Treffen mit Osborne stellte ihn als „starken Befürworter“ dar.Osborne kommentierte in einem Statement, es sei damals explizite Regierungspolitik gewesen, sich mit globalen Tech-Firmen zu treffen und sie „zu überzeugen, in Großbritannien zu investieren und dort Jobs zu schaffen”.Während das Gespräch mit Osborne in Davos öffentlich gemacht wurde, trafen sich laut der geleakten Dokumente weitere sechs Tory-Minister mit Uber, ohne dass darüber etwas nach außen drang. Es ist unklar, ob die Treffen gemeldet hätten werden müssen, was deutlich macht, dass es Unklarheiten bei der Anwendung der britischen Lobbying-Vorschriften gibt.Uber zahlt prominenten Wissenschaftlern hunderttausende Dollar für StudienEs finden sich jedenfalls Hinweise darauf, dass Uber darauf abzielte, inoffizielle Wege an die Macht zu finden, indem man durch Freunde oder Mittelleute Einfluss nahm oder Treffen mit Politiker:innen anstrebte, bei denen ihre Berater und andere Beamte nicht anwesend waren.Uber warb auch um die Unterstützung mächtiger Persönlichkeiten in Ländern wie Russland, Italien und Deutschland, indem es ihnen lukrative finanzielle Beteiligungen an dem Startup anbot und sie zu „strategischen Investoren“ machte.Um die politische Debatte zu beeinflussen, zahlte das Unternehmen zudem prominenten Wissenschaftler:innen hunderttausende Dollar für Studien, die die Behauptungen des Unternehmens über die Vorteile seines Wirtschaftsmodells stützten. In Deutschland seien zeitweise vier Agenturen gleichzeitig mit Lobby-Kampagnen beschäftigt gewesen, berichtet die Tagesschau. Koordiniert worden seien diese zwischenzeitlich von dem heutigen haushaltspolitischen Sprecher der FDP im Bundestag, Otto Fricke, der damals bei der Münchener Lobbyagentur CNC Communications & Network Consulting die Verantwortung für Uber getragen habe.Trotz gut finanzierter und hartnäckiger Lobbying-Maßnahmen brachten Ubers Anstrengungen gemischte Ergebnisse. Mancherorts gelang es, Regierungen zu überzeugen, Gesetze zu ändern und so anhaltende Wirkung zu erzielen. An anderen Stellen wurde das Unternehmen durch fest verankerte Taxi-Branchen blockiert, von lokalen Taxi-Konkurrenten oder von linken Politiker:innen abgelehnt, die sich schlicht weigerten, nachzugeben.Opposition versuchte Uber, zu seinem Vorteil umzumünzen. Das Unternehmen nutzte Gegenwind, um das Narrativ zu untermauern, dass seine Technologie antiquierte Transportsysteme aufmische und Regierungen dazu dringe, ihre Gesetze zu reformieren.Als Uber in Indien an den Start ging, forderte Kalanicks Asienchef die Manager des Unternehmens auf, den Fokus auf Wachstum zu behalten, selbst wenn „es anfängt zu brennen“. „Sie müssen wissen, dass das ein normaler Teil von Ubers Geschäft ist“, sagte er. „Begrüßen Sie Chaos. Es bedeutet, dass Sie etwas von Bedeutung tun.”Uber macht eigene Fahrer „zu einer Waffe“Im Januar 2016 schien Kalanick dieses Firmenethos in die Praxis umzusetzen, als Ubers Versuche, die Märkte in Europa auf den Kopf zu stellen, zu wütenden Protesten von Taxifahrer:innen in Belgien, Spanien, Italien und Frankreich führten, die um ihren Lebensunterhalt fürchteten.Inmitten von Taxistreiks und Unruhen in Paris gab Kalanick den französischen Unternehmensverantwortlichen die Anweisung zu kontern, indem man Uber-Fahrer:innen zu einem Gegenprotest mit massivem zivilen Ungehorsam aufforderte.Kalanick wurde gewarnt, dass Uber-Fahrer:innen dadurch Angriffen von „rechtsextremen Schlägern“ ausgesetzt würden, die die Taxiproteste infiltriert hätten und „auf einen Kampf aus seien“. Dennoch scheint Kalanick sein Team gedrängt zu haben, die Sache weiter voranzutreiben. „Ich denke, das ist es wert“, sagte er. “Gewalt garantiert Erfolg. Und diesen Leuten muss Widerstand geleistet werden, richtig? Dabei sind wir uns einig, dass der richtige Ort und die richtige Zeit gut überlegt sein müssen.“Die Entscheidung, Uber-Fahrer:innen trotz der Risiken in potenziell eskalierende Proteste zu schicken, passt zu einer Strategie, die eine frühere Uber-Führungskraft dem Guardian gegenüber formulierte: Fahrer „zu einer Waffe zu machen“ und die Gewalt gegen sie auszunutzen, um „die Kontroverse am brennen zu halten“.Dieses Playbook wurde – darauf weisen E-Mails hin – in Italien, Belgien, Spanien, der Schweiz und den Niederland wiederholt. Als in Amsterdam 2015 maskierte Männer, die wütende Taxi-Fahrer gewesen sein sollen, mit Schlagringen und einem Hammer Uber-Fahrer attackierten, versuchten Uber-Mitarbeiter das zu ihrem Vorteil zu verwenden, um die niederländische Regierung zu Zugeständnisse zu bringen.Zum Opfer gewordene Fahrer wurden aufgefordert, Anzeige bei der Polizei zu erstatten, die an die führende niederländische Tageszeitung De Telegraaf weitergeleitet wurden. Sie „werden das ohne unseren Fingerabdruck morgen auf der Titelseite veröffentlichen“, schrieb ein Uber-Manager. „Bevor wir die Lösung anbieten, lassen wir das Gewalt-Narrativ ein paar Tage laufen“.Kalanicks Sprecherin stellte die Authentizität einiger Dokumente in Frage. Kalanick habe „niemals vorgeschlagen, dass Uber auf Kosten der Fahrer aus Gewalt einen Vorteil ziehen solle“. Jede Andeutung, er habe so etwas getan, sei „komplett falsch“.Zwar räumte die Uber-Sprecherin Fehler des Unternehmens bei der Behandlung von Fahrern ein. Aber niemand, auch nicht Kalanick, habe Gewalt gegen Uber-Fahrer:innen gewollt. „Vieles, was unser früherer CEO vor fast einem Jahrzehnt gesagt hat, würden wir heute nicht dulden“, sagte sie. „Aber eins wissen wir genau und ist uns sehr wichtig: Niemand bei Uber war je glücklich über Gewalt gegen einen Fahrer.“„Manchmal haben wir Probleme, weil wir einfach total illegal sind“Uber-Fahrer wurden ohne Zweifel zur Zielscheibe brutaler Angriffe durch wütende Taxifahrer, einige wurden sogar getötet. Und in manchen Ländern kämpfte die Taxi-App gegen etablierte und monopolisierte Taxiflotten mit bequemen Beziehungen zu den städtischen Behörden. Dabei warf Uber seine Konkurrenten im regulierten Taximarkt häufig vor, ein „Kartell“ zu bilden.Privat scheinen die Uber-Führungskräfte und Mitarbeiter jedoch kaum Zweifel an der oft unlauteren Natur ihres eigenen Unternehmens gehabt zu haben. In internen E-Mails sprachen Mitarbeiter von Ubers „nicht legalen Status“ oder anderen Formen aktiver Nicht-Einhaltung von Vorschriften in Ländern wie der Türkei, Südafrika, Spanien, der Tschechei, Schweden, Frankreich, Deutschland und Russland.Eine hohe Führungskraft schrieb in einer E-Mail: „Wir sind in vielen Ländern nicht legal, wir sollten vermeiden, feindselige Aussagen zu machen.“ Ein anderer leitender Angestellter kommentierte die Taktiken, zu denen das Unternehmen bereit war, um eine Strafverfolgung zu vermeiden: „Wir sind offiziell zu Piraten geworden.“Ubers damalige Leiterin der globalen Kommunikation Nairi Hourdajian drückte es 2014 in einer Nachricht an einen Kollegen noch unverblümter aus, als das Unternehmen in Thailand und Indien geschlossen werden sollte: „Manchmal haben wir Probleme, weil wir einfach total illegal sind.“ Auf eine Anfrage des Guardian lehnte Hourdajian jeden Kommentar ab.Kalanicks Sprecherin warf Reportern vor, „ihre falsche Agenda durchdrücken zu wollen“, er habe „rechtswidriges oder unangemessenes Verhalten veranlasst“. Laut der Uber-Sprecherin existierten beim Start des Unternehmens „nirgendwo auf der Welt Mitfahr-Regulierungen“, während die Transportgesetze für ein Smartphone-Zeitalter veraltet waren.„Kill Switch“: Abschalt-Software gegen Sammeln von BeweisenÜberall auf der Welt versuchten Polizei, Verkehrs- und Aufsichtsbehörden, gegen Uber vorzugehen. In einigen Städten luden Beamte sogar die App herunter und buchten Fahrten, um gegen Taxifahrten ohne Lizenz vorzugehen, Uber-Fahrer:innen zu bestrafen und ihre Autos zu beschlagnahmen. In dutzenden Ländern kam es wiederholt zu Razzien in Uber-Büros durch die Behörden.Vor diesem Hintergrund entwickelte Uber ausgefeilte Methoden, um die Rechtsdurchsetzung zu durchkreuzen. Eine war bei Uber intern als „Kill Switch“ – Notabschaltknopf – bekannt. Wenn ein Uber-Büro durchsucht wurde, schickten die Führungskräfte des Unternehmens hektisch Anweisungen an die IT-Mitarbeiter, den Zugang zum Hauptdatensystem des Unternehmens zu kappen, um zu verhindern, dass die Behörden Beweise sammelten.Wie E-Mails zeigen, kam diese Technik, abgesegnet von Ubers Rechtsanwälten, mindestens zwölf Mal während Razzien in Frankreich, den Niederlanden, Belgien, Indien, Ungarn und Rumänien zum Einsatz.Laut Kalanicks Pressesprecherin waren solche „Kill Switch“-Protokolle übliche Geschäftspraxis und nicht darauf ausgerichtet, die Justiz zu behindern. Die Abschaltprotokolle, die keine Daten löschten, seien von Ubers Rechtsabteilung überprüft und genehmigt worden, und der frühere Uber-CEO sei nie wegen Behinderung der Justiz oder einem ähnlichen Vergehen angeklagt worden.Die Abschalt-Software des Unternehmens sollte „nie genutzt werden, um regelmäßige Regulierungsmaßnahmen zu vereiteln“, sagte die Uber-Sprecherin weiter. Zudem sei das System ab 2017 abgeschafft worden, als Khosrowshahi Kalanick als CEO ablöste.Eine weitere Führungskraft, die den durchgesickerten Akten zufolge an den Kill-Switch-Protokollen beteiligt war, war Pierre-Dimitri Gore-Coty, der früher die Geschäfte von Uber in Westeuropa leitete. Heute ist er Chef von Uber Eats und Mitglied des elf-köpfigen Führungsteams des Unternehmens.Laut einem Statement bedauert Gore-Coty „einige der taktischen Methoden, mit denen am Anfang eine Reform der Rechtsvorschriften für Mitfahrgelegenheiten erreicht wurde“. Im Rückblick sagte er: „Ich war jung und unerfahren und akzeptierte zu häufig Anweisungen von Vorgesetzten mit fragwürdigen ethischen Vorstellungen.“Auch viele Politiker:innen müssen sich jetzt die Frage stellen lassen, ob sie von leitenden Uber-Mitarbeitern Anweisungen annahmen. Als 2015 die französische Polizei in der Hafenstadt Marseille Uber-Fahrten zu verbieten schien, wandte sich Ubers Chef-Lobbyist für Europa, den Nahen Osten und Afrika, Mark MacGann, an Ubers Verbündeten im französischen Kabinett. „Ich werde mir das persönlich angucken“, schrieb Macron per SMS zurück. „Zu diesem Zeitpunkt lassen Sie uns ruhig bleiben.“